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aus dem regal

Aus dem Regal

Die Enden der Welt von Roger Willemsen

Bekanntermaßen macht der Sohn gerade mit seiner Schwester Urlaub. Freundlicherweise haben sie uns Eltern auch mitgenommen. Sie brauchten wohl Fahrer und Leute, die den Essensnachschub sicher stellen. Alles andere bekommen sie auch gut allein geregelt.

Buchcover Wenn wir jetzt aber schon mal so charmant zum Abhängen verdonnert sind, können wir auch wieder mal ins Regal greifen. Irgendwo muss man schließlich hingucken, vor allem, wenn gerade mal kein Boot vorbei kommt, um bewundert zu werden.

Heute also Señor Willemsen mit einem Buch über das Reisen. Was bekanntermaßen nicht ganz das gleiche ist wie Urlaub machen. Und das Reiseverständnis des Autors hat passenderweise eine gerade durch die Gegend reisende Dame an anderer Stelle recht treffend zitiert. Das spare ich mir hier somit.

Und sage lieber, dass das Buch nicht nur Höhen sondern auch ein paar Längen hat. Dafür aber immerhin – und erwartungsgemäß – nicht nur dröge Landschaftsbeschreibungen bietet sondern auch Einblicke in sein Weltverständnis. Hier zum Beispiel:

… und ich denke, jeder sollte in seinem Leben einmal Opium geraucht haben. Jeder sollte wissen, was das Gehirn kann, und wer sagt: Dafür muss ich nur Berge erklimmen, Marathon laufen, von Klippen springen oder ganz schnell die Treppe hoch steigen der weiß nicht, wie viele Metamorphosen das wilde Tier durchmachen kann, das wir in unserem Schädel beherbergen.

Den Kindern habe ich das lieber nicht vorgelesen. Sie wirken auch so ausreichend entspannt.

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unterwegs

Außer Haus

Mit Kindern zu verreisen ist immer so eine Sache. Besonders, wenn man mit dem Auto unterwegs ist. Da gibt es gern Überraschungen. Nicht immer die besten, wie man so hört. Aber das gilt nicht für den Sohn. Er ist da recht pflegeleicht. Man sagt ihm einfach: Sohn, sagt man da, also: Sohn, wir wollen mal weg. Allerdings fahren wir dafür eine Weile mit dem Auto. OK?

Sohn: Auf der Autobahn?

Ich: Auf der Autobahn.

Sohn: Nehmen wir die Schwester mit?

Ich: Wir nehmen auch Deine Schwester mit.

Damit scheinen alle wesentlichen Fragen geklärt. Wir schwingen uns also in das Gefährt und machen uns auf den Weg. Auf den langen Weg. Und so eine Fahrt ist ermüdend.

Junge, mach‘ ruhig die Augen zu und schlaf‘ ein wenig. – empfehle ich ihm. Aber wir sind unterwegs. Und wir sind nicht allein. Da sind noch andere Autos. Und sie fahren an uns vorbei. Oder wir fahren an ihnen vorbei. Und überhaupt ist das alles sehr aufregend. Wer soll denn da schlafen? Man könnte ja etwas verpassen. Wie auch immer: Der Sohn hält durch und sich selbst wach.

Keine gute Idee. – denke ich mir. Und sage: Du kannst wirklich ein wenig schlafen. Und weißt Du was? Wenn Du wieder aufwachst, dann sind wir schon da. Auf der Autobahn war auch gerade wenig los. Kaum Autos. Wenig Überholerei. Ein Kopf fällt zur Seite. Zwei Augen fallen zu. Ein Sohn schläft. Tief und fest.

Bis kurz vor dem Ziel. Da fängt er an zu blinzeln. Sieht durch die nur minimal geöffneten Lider ein Boot, ein großes. Er reißt die Augen weiter auf und ruft laut: Ostsee! Dann sinkt wieder in seinen Sitz zurück, teilt die neue Erkenntnis mit seinem Plüschtier und seufzt leise: Urlaub.


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