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Der Placebo-Effekt

Halbe Sachen sind nichts für den kleinen Mann. Wenn er etwas neues lernt, dann bleibt er so lange dabei, bis er es in all seinen Schattierungen durchschaut und verinnerlicht hat. Das gilt nicht nur für die rein luxuriösen Hobbys in seinem Leben, sondern auch für die einfachen und essentiellen Dinge. Wie Essen und Trinken.

So gehört zum Trinken zum Beispiel nicht nur, die Flüssigkeitsmassen in sich hinein zu schütten. Das wäre schließlich nur die halbe Sache. Rund wird Trinken erst in Gesellschaft, wenn man die Krüge aneinander stößt, dann jeweils ansetzt, senkrecht nach oben kippt, möglichst auf Ex austrinkt und abschließend einen zufriedenen Erfrischungsseufzer ausstößt.

Mit dem Essen verhält es sich ganz ähnlich, wenn auch weniger interaktiv. Die Speisen sind (hoffentlich) wohl ausgesucht, der kulinarische Genuss wird zelebriert und die Nahrung dabei natürlich nicht einfach nur planlos heruntergeschlungen. Statt dessen setzt sich der Sohn mit seinem Essen auseinander, manchmal nimmt er es auch auseinander, steckt’s dann aber doch in den Mund und kaut vorbildlich darauf herum, bevor er es herunter schluckt. Das macht er nicht für jeden Happen 32 Mal. Aber groben Schätzungen nach doch im Durchschnitt etwa einmal pro Zahn. So soll es sein.

Interessanterweise klappt beides auch ohne wirkliche Nahrungsaufnahme. Selbst wenn der Sohn einmal aus einem leeren Becher trinkt, stößt er mit ihm an, kippt ihn senkrecht nach oben und zelebriert seinen Erfrischungsseufzer. Und auch die Nudel, welche auf dem Weg vom Teller zum Mund einfach vom Löffel gesprungen ist, kaut er durch. Gründlich, einmal pro Zahn. Denn halbe Sachen sind nichts für den kleinen Mann und eine gepflegte Nahrungsaufnahme liegt ihm sehr am Herzen.

Wenn Speis und Trank sich dabei nicht an die Spielregeln halten, ist das ja nicht seine Schuld.

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Cheers

Der kleine Mann wächst und gedeiht. Täglich hat man das Gefühl, als wäre er einen Meter größer geworden, hätte seinen IQ um mehrere hundert Punkte gesteigert und wäre irgendwie noch charmanter als er es gestern schon war.

Das kommt wohl nicht von ungefähr. Zum einen ist dem Sohn natürlich ein gesundes Maß an Großartigkeit von Natur aus mitgegeben worden. Zum anderen tut er aber auch alles, was er kann, um seine Grundlagen optimal auszubauen: so hält er sich auf der einen Seite physisch fit und hat auf der anderen Seite mittlerweile eine sehr gesunde Beobachtungsgabe entwickelt, die ihm dabei hilft, neue Ideen für den Alltag zu erkennen.

Beispiel: Tischmanieren.

Er könnte sie sich einfach durch seine Eltern erklären lassen. Oder er kann gucken, was diese tun und nicht tun, um sich sein eigenes Bild davon zu machen, ob das persönliche Wohlbefinden tatsächlich durch fortwährendes Rülpsen und Furzen adäquat ausgedrückt ist. Oder ob die Freude am gemeinsamen Zusammensein zur Esseneinnahme nicht zum Beispiel auch dadurch deutlich wird, dass jemand den Tisch schön deckt, eine Kerze brennt, die sich später prima gemeinsam auspusten lässt und zum Auftakt des Mahls die Gläser mit dem Dornfelder sanft aneinander gestoßen werden, um sich liebevoll zuzuprosten.

Der Idee steht der Nachwuchs zumindest aufgeschlossen gegenüber. Wenn auch die Sache mit dem Tischdecken wohl noch etwas Zeit braucht, um bei ihm anzukommen: Gläser anstoßen, das ist der Hit.

Also macht er, was die Großen machen. Hebt seinen Trinkbecher mit dem aufgebrühten Weinersatz, guckt erwartungsvoll erst nach links, dann nach rechts und prostet den Eltern im Wechsel zu. Wiederholt. Und nicht ohne seinen Trog mit Schmackes den elterlichen Gläsern entgegen zu schwingen, wobei seine Laune sichtbar von Mal zu Mal weiter steigt.

Dumm nur, wenn vor lauter Anstoßerei niemand mehr zum Trinken kommt. Das Lernen geht also weiter.