Was gibt es schöneres, als zusammen mit dem kleinen Mann an der Küste zu weilen, hinter dem Deich zu sitzen, Kaffee zu schlürfen und die vorbei fahrenden Boote zu zählen? Nicht viel, natürlich. Außer, es kommen gerade mal gar keine Boote vorbei. Dann muss man sich Ersatz suchen. Wie zum Beispiel ein Buch. Zum Vorlesen.
Der Herr Sohn ist da zum Glück noch recht tolerant, was die Auswahl der Lektüre anbelangt. Ferkelbücher kommen aber derzeit nicht auf den Tisch. Dann schon eher etwas von Marebuch. Deich und so.
Am besten, es ist noch etwas aus der Gegend. Na, so grob zumindest. Wie zum Beispiel der Matrosenroman von Judith Schalansky.
Der spielt auf Rügen und zu den Zeiten als Rügen noch in einem anderen Land lag als der Bodensee. In jedem zweiten Kapitel zumindest. Dazwischen wechseln die Ortschaften und Zeiten gern einmal. Was sich als ganz reizvoll gestaltet. Auch wenn mich der Herr Sohn beim Vorlesen stellenweise angeschaut hat, als ob mir die Zeit mit ihm an der Küste langsam zu Kopfe steigen würde. Tut sie natürlich nicht. Was er auch weiß und den Rest dann wohlmeinend ertragen hat.
Auf der Homepage zum Buch gibt es übrigens ein paar Ansichtsproben aus der Entstehungsgeschichte des Schriftstücks. Wie es sich für ein typographisch-literarisches Projekt gehört, ist das wohlig anzusehen und dem Quieken des Sohnes nach zu urteilen ist mit seinem ästhetischen Empfinden alles in bester Ordnung.
„Blau steht dir nicht.“ – sagte im Buch die Großmutter zur Protagonistin. Dieses Buch steht dafür nicht nur jenen, die hinter dem Deich sitzen, Kaffee schlürfen und mit dem Sohn vorbeifahrende Boote zählen.