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Damenwahl (2)

Weihnachten ist gelaufen. Das Gelage hat ein Ende. Und für geübte Feiertagsgourmets waren die letzten Tage natürlich wieder ein einziger Festschmaus. Ohne Komplikationen haben wir es überstanden, vom ersten Frühstück des Tages bis zum Mitternachtsnachtisch fortwährend mit Nahrungsaufnahme beschäftigt gewesen zu sein. Was immer es gab, es wurde verspeist. Von allen, die am Tisch saßen.

Von allen?

Nun, natürlich nur von fast allen. Denn die Tochter ist noch in dem zarten Alter, in dem sie von der Dame des Hauses gestillt wird. Für die Zeit der Mahlzeiten hat es sich somit eingebürgert, dass die kleine Madame lieber bei mir im Arm sitzt. Zur Vermeidung spontaner Appetitsanfälle ihrerseits, ganz klar. Und so saß sie da und sah diversen Frikassees, Braten und zugehörigen Nachspeisen dabei zu, wie sie erst auf meine Teller kamen und anschließend, Happen für Happen, wieder verschwanden. Erst noch recht gleichgültig dreinschauend, konnte sie es zusehends kaum glauben, wie das Procedere sich fortwährend wiederholte. Essen auf den Teller, Essen auf das Besteck, Essen in den Mund, Essen weg. Immer und immer wieder. Ganz genau angesehen hat sie es sich. Ihre Augen wurden zusehends größer dabei.

Und ihren Augen konnte sie offenbar kaum glauben, als das letzte Mahl des Tages auch das Fest ausklingen lassen sollte. Keine Braten, keine Soßen, keine Dämpfe, kaum noch Düfte. Normalität zog wieder ein. Brot kam auf den Teller. Aber auch das ist Essen. Und Essen kommt vom Teller in den Mund. So hat sie es gelernt. Ein paar intensive Tage lang. Und griff spontan zu. Kurz. Schnell. Ohne einen Ton. Bis sie laut und zufrieden zu schmatzen anfing während ich noch mein Butterbrot suchte, welches noch kurz zuvor auf meinem Teller lag.

Es bedurfte den vereinten Kräften der Erziehungsberechtigten, ihr das Brot wieder zu entreißen, während sie es unter den anfeuernden Zurufen ihres großen Bruders hartnäckig verteidigte.

Nach dieser Schlacht stelle ich fest: Die Tochter wird später ganz sicher Raubtierdompteuse. Die dafür notwendigen praktischen Erfahrungen sammelt sie im Selbstversuch.


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Nachtisch

Der kleine Mann hat zu vielen Themen eine Meinung. Eine ganz klare. Und die äußert er natürlich auch. Zum einen verbal. Aber wenn er meint, dass das Verständnis des Gegenübers hierbei zu wünschen übrig lässt, dann zum anderen auch gern auf weiteren Wegen.

Wenn er zum Beispiel deutlich auf den Tisch haut, sobald die Eltern daran zum Essen bereit sitzen, hierbei ganz klar die Zielsicherheit der eigenen Hände beim Zugreifen an allen möglichen Lebensmitteln und Esswerkzeugen trainiert, wenn er jeden Happen der Eltern auf dem Weg vom Teller zum Mund mit großen Augen verfolgt und beim Kauen selbst emsiger dabei ist als die Essenden selbst, dann ist das alles ein deutliches Zeichen, dass der kleine Mann in dieses Familienritual mit einbezogen werden möchte.

Da wir dem Sohn die Wünsche nicht nur von den Augen sondern auch vom Mund ablesen, fangen wir natürlich gern mit dem an, was der gemeine Volksmund leger als Beikost bezeichnet. Was ein sehr harmloses Wort für eine sehr große Veränderung im Ernährungsverhalten des kleinen Mannes darstellt. Bedeutet es doch nicht weniger als den Sprung von der ausschließlichen Versorgung mit maßgefertigter Flüssignahrung aus der Mutterbrust hin zu der vollen Bandbreite dessen, was die Natur sonst noch so zu bieten hat.

Buch 'Babyernährung gesund & richtig' Nun sagt die einschlägige Literatur, dass der Wechsel hin zu einer ausgewogenen und sehr vielseitigen Ernährung nur in kleinen Schritten erfolgen soll. So machen es die fehlenden Zähne schwierig, ganze Pastinaken am Stück weg zu mampfen. Ergo gibt es selbige erst einmal im Äquivalent der vorgekauten Konsistenz, also aus dem Glas. Schön erwärmt und mit dem Löffel verabreicht, wenn auch viel zu langsam für den kleinen Gourmet.

Gemäß der Literatur soll sich aber auch die Vielseitigkeit der nichtflüssigen Ernährung nur sehr langsam aufbauen. Pastinaken? Sind in Ordnung. Aber zumindest für die erste Woche bitte auch exklusiv. In Woche zwei können dann gern Knollen aus der Erde dazukommen. Aber bitte immer schön eines nach dem anderen. Und bitte immer erst einmal eine Woche lang gucken, wie es mit der Akzeptanz beim Essenden so läuft.

Nun hat er aber eben seine eigene Meinung. Wenn ich ihn direkt nach dieser frage, bekomme ich nur eines als Antwort: Das geht hier alles viel zu langsam. Die Zeichen setzt er ganz klar: Der Brei der ersten Woche war ein netter Anfang. Als nächstes gibt’s doch bitte Apfelkuchen, dazu Kaffee mit Milch aus dem Glas. Und zum Nachtisch ein leckeres Butterbrot.