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Für das Leben lernen

Vor einer Weile hat der Sohn einen Ausflug gemacht. Er ist nicht einfach zu dem Spielplatz gegangen, zu dem er sonst immer geht. Er ist auch nicht zu dem anderen Spielplatz gegangen, den er manchmal noch benutzt. Nein, er ist zu einem komplett anderen, für ihn: neuen, Spielplatz gegangen. Wer jetzt denkt «Na und? Sand zum Buddeln und ein Gerät zum Klettern haben sie doch alle.» irrt natürlich gewaltig. Kein Spielplatz gleicht dem anderen. Sand ist nicht gleich Sand. Klettern ist nicht gleich Klettern. Rutschen ist nicht gleich Rutschen. Vom Schaukeln gar nicht zu reden. Und auf manchen Plätzen gibt’s sogar einen Bagger.

Einen Bagger. So einen kleinen. Der steckt fest im Boden, man kann sich drauf setzen. Er dreht sich um seine Achse. Man kann Hebel bedienen und baggern. Den Sand von links nach rechts und wieder zurück, wenn alles gut läuft. Stundenlang. Aber eben nur, wenn alles gut läuft.

Geht nicht! – sagt der Sohn. Es läuft wohl gerade nicht so gut. Er kippt immer nach hinten. Der Bagger scheint kaputt. Er steigt ab. Geht nach vorn. Haut einmal kräftig gegen die Baggerschaufel. Und steigt wieder auf. Baggert kurz, gut sieht es aus. So fängt er an, sich nach Mädels umzuschauen, damit diese bewundernd zu ihm aufblicken können. In dem Moment kippt er wieder nach hinten. Der Sohn dreht sich ganz langsam um und guckt. Seine Augen blinzeln. Dann steigt er ab. Geht nach hinten. Und tritt mit Schmackes gegen das Baggergegengewicht. Steigt wieder auf. Jetzt hat er den Dreh offenbar raus und baggert fröhlich vor sich hin.

Und die Moral von der Geschicht‘? Ist eine Lektion für’s Leben: Wenn das Gefährt mal nicht recht spurt, hilft es, erst auszusteigen, gleich wieder einzusteigen und dann wird es schon wieder gehen. Und im Zweifelsfall tritt man schlicht noch ein paarmal sanftmütig gegen die Karosse. Ein guter Mechaniker kennt halt seine Tricks.


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sprachentwicklung

Wer nicht fragt, bleibt dumm.

Der Sohn und ich, wir unterhalten uns.

Sohn: Du, Papa, da stehen Schuhe.
ich: Das stimmt, mein Sohn. Es sind die Schuhe von der Nachbarin.
Sohn: Warum?

Sohn: Papa?
ich: Ja, mein Sohn?!
Sohn: Mama soll auch noch etwas essen!
ich: Nun, ich glaube, die Mama ist schon fertig und hat ausreichend gegessen.
Sohn: Warum?

ich: Sohn, möchtest Du lieber Treppe laufen oder Fahrstuhl fahren?
Sohn: Treppe!
ich: OK, dann laufen wir.
Sohn: Warum?

Sohn: Bagger!
ich: Ja, das ist wirklich ein wunderschöner Bagger.
Sohn: Bagger soll fahren!
ich: Der Bagger hat für heute schon Feierabend.
Sohn: Warum?

ich: Sohn, wollen wir beide die Schuhe putzen?
Sohn: Ja, Schuhe putzen.
ich: Fein, bringst Du dann bitte Deine Schuhe auch mit?
Sohn: Warum?

Irgendwie habe ich damit erst im nächsten Jahr gerechnet. Aber die Zeiten ändern sich. Im nächsten Jahr bin ich dann wohl schon damit beschäftigt, ihm die Idee auszureden, spontan ausziehen zu wollen.

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dame des hauses sprachentwicklung

Sprachliche Effizienz

Schon in jungen Jahren ist es wichtig, mit den eigenen verfügbaren Ressourcen möglichst sparsam umzugehen. Der natürliche Verschleiß kommt sicher noch früh genug. Da muss man nicht auch noch extra nachhelfen. Das sieht der Sohn ganz genauso. Und beschränkt vorläufig sein aktives Vokabular auf exakt fünf Wörter.

Mama sagt er natürlich. Vor allem zu mir. Gelegentlich auch zur Dame des Hauses; nicht ganz so häufig zu wildfremden Leuten, immerhin meist Frauen. Der Zweck des Rufs nach Mama ist für gewöhnlich der gleiche: Befriedigung der Grundbedürfnisse, also Essen und Trinken. Das vom Boten gebrachte Essen greift er sich einfach. Nach dem Trinken fragt er vornehm mit Wort Nummer zwei: Ba. Das ist kompakt genug, um es auch im Zustand der totalen Trockenheit noch herausbringen zu können. Also mitten in der Nacht. Es ist gleichzeitig ausdrucksstark genug, um durch unterschiedlichste Intonationen das Bedürfnis des Sohnes nach unterschiedlichsten Getränken vermitteln zu können. Milch, Wasser, diverse Teesorten: Dank Ba alles kein Problem. Kommt sofort.

Das klappt leider nicht immer mit Wort Nummer drei: Auto. Dafür gibt’s ein eigenes Wort beim Sohn, um sowohl seinem feinsinnigen Gespür als auch seiner Leidenschaft Ausdruck verleihen zu können. Gespür deswegen, weil er Autos schon dann erahnt, wenn andere noch ihren Schlüssel suchen, bevor sie sich auf den Weg zur Garage machen. Leidenschaft deswegen, weil die Autos vom Sohn nicht nur erahnt, angekündigt und besichtigt werden, sondern weil er sie sich greift, anhält und inspiziert. Ab nach hinten in den Kindersitz? Lächerlich. Auf den Vordersitzen spielt die Musik. Da findet man den Sohn. Von dort steuert er das Warnblinklicht ebenso souverän wie die Soundanlage. Dort sieht man ihn auch die Stirn runzeln wegen seiner Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit von Designern, die Autos entwerfen, bei denen es nicht machbar zu sein scheint, vom Fahrersitz aus gleichzeitig einen Blick nach vorn aus dem Gefährt zu werfen, am Lenkrad zu drehen und die Fußpedale zu bedienen. Ganz klare Fehlkonstruktion. Gut, dass wir die Wagen zu Wort Nummer vier haben: Bagger. Kindersitze auf der Rückbank? Gibt’s gar nicht erst! Sicht nach vorn ist entweder kein Problem oder Dank Größe nicht wichtig. Und gesteuert wird mittels Handbedienungshebeln, die sich dem sicheren Griff des Nachwuchses nicht entziehen können. Eine Schlussfolgerung lieght nahe: Bagger sind einfach die besseren Autos.

Dazu sagt der Sohn nur eins, nämlich Wort Nummer fünf: Ja. Hocheffizient. Und der Sohn ist schon jetzt zu keiner Zeit um eine klar verständliche Antwort verlegen.