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Feierabend

So ein Feierabend ist etwas Feines. Da kommen der Reihe nach alle nach Hause. Die einen von der Arbeit, die anderen aus der Kita. Und gemeinsam wird der Tag ausgewertet. Was gab’s überall jeweils so zum Mittag? Wer hatte vielleicht etwas Spaß an besonders unterhaltsam peinlichen Auftritten der jeweiligen Spielkameraden? Gemeinsam gebaute Sandburgen? Wasserspiele? Ausflüge? Es sind die wirklich essenziellen Fragen des Lebens, die an so einem Feierabend im trauten Kreis der Familie geklärt werden.

Wenn denn alle mitspielen. Was bei den Kindern keineswegs garantiert ist. Auf die Frage Wie war Dein Tag? Was habt Ihr denn in der Kita heute so gemacht? antwortet der Sohn gern mit: Sag‘ ich Dir nicht. Hättest ja die Erzieherinnen fragen können. Tja, ein Vierjähriger müsste man sein. Dann klappt’s auch mit den egalitären Antworten. Eltern sind schließlich verständnisvoll. Mit denen kann man’s ja machen. Das denkt auch die Tochter und antwortet auf die gleiche Frage mit einem lapidaren: Ja, toll. Viel wichtiger scheint es ihr nämlich zu sein, sich den Weg zum Kühlschrank frei zu boxen, um die trockene Kehle mit einem beherzten Schluck aus der kühlen Milchtüte zu bekämpfen.

Kinder zu haben kann ich nur empfehlen. Denn über die großen Dramen der Weltgeschichte macht man sich auf einmal gar keinen Kopf mehr. Weltfrieden? Lächerlich. Man scheitert lieber schon an den kleinen Fragen des Alltags. Vorübergehend zumindest, denn wenn man bei der Abendtoilette am Wickeltisch feststellt, dass die Tochter in ihrem Body nicht nur den üblichen Sandkastensand gehortet hat, sondern auch ein paar Taschentücher, etwas Spielplatzrindenmulch und ein vierblättriges Kleeblatt, dann gilt für den Tag wohl: Ja, toll.

Zuhören will halt auch gelernt sein.

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Neue Brille

Die Tochter steckt mitten drin in ihrer Sturm- und Drang-Zeit. Es stürmt und drängt zumindest nur so aus ihr heraus. Sind es mal nicht die Zähne, sind es die Wörter. Ich bin dankbar für jedes der letzteren. Zumal sie Papa sagt. Seit kurzem erst. Da wird das Herz warm. Und wir klatschen uns freudig in die Hände, wenn sie angelaufen kommt, sich vor mir aufbaut, erst die Arme in die Hüften stemmt und dann laut Papa! ruft. High Five.

Wie begeistert ich vom neuesten Wort des Tages bin, weiß ich hingegen noch nicht so richtig. Seit heute sagt sie nämlich: Brille.

Kein Problem? Lediglich Ausdruck ihres naiven Verständnisses des gemeindurchschnittlichen Bildungsbürgertums? Mitnichten. Denn dass das Sprechenlernen für die Tochter nur ein Hilfsmittel ist, um ihre Besitzansprüche durchzusetzen, hatten wir hier schon mal. Und dass der Imperativ dabei ihr Lehrer des Vertrauens ist, ebenfalls. Ihre physischen Ausdrucksfähigkeiten hingegen, mit denen sie ihrem Willen einen ganz beachtlichen Nachdruck verleihen kann, haben wir hier noch nicht weiter thematisiert. Aber glauben Sie mir: Auch auf diesem Gebiet ist sie zu Höchstleistungen fähig, die sich nicht unbedingt mit elegant und damenhaft zurückhaltend umschreiben lassen. Selbst dann nicht, wenn sie freundlichst lächelt während sie zielsicher zugreift.

Morgen gehe ich auf jeden Fall erst einmal in den Drogeriemarkt des Vertrauens und gucke, ob es diese Fertigbrillen von der Stange noch gibt.

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Frauen

Wie sich die alten Hasen hier in der Runde vielleicht noch erinnern können: Die ersten Wörter des Sohnes waren: Mama, Ba, Auto, Bagger und Ja. Mitlerweile, er ist jetzt dreieinhalb, sagt er zumindest gelegentlich auch Papa. Das freut mich natürlich. Dafür bin ich ihm dankbar. Auch als moderner Mann von heute nimmt man schließlich, was man kriegen kann. Und ich habe mich von Anfang an über diese etwas unelegante Ignoranz des kleinen Mannes damit hinweg getröstet, dass Jungs nun mal so sind. Etwas sperrig, zumindest nach außen. Tief drinnen, da denken sie eigentlich nur an den alten Herren der Familie. Sie geben es eben nur nicht so gern zu. Passt schon.

Ganz anders ist das natürlich bei der Tochter. Logisch. Mädchen und Jungs: das sind zwei grundverschiedene Welten. Schon der erste Schrei nach der Geburt war quasi ein Papa! Daran gab’s nie Zweifel. Die Bindung zwischen Töchtern und ihren Vätern ist bekanntermaßen eine ganz innige. Das gilt schon so lange, wie wir Menschen überhaupt reden können. Ach was, das gilt schon so lange, wie es Töchter und Väter überhaupt gibt. Naturgesetze und so. Es ist, als könnten wir gegenseitig unsere Gedanken lesen. Wir sind quasi eins. Was liegt also nahe als das erste offizielle Wort in ihrem Leben? Jenes, das auch andere direkt und klar verstehen? Was, wenn nicht das Rufen nach der wichtigsten Person, die sie hat?

Eben. Also so sitzt die Tochter am Tisch, brabbelt in einem Moment noch onomatopoetisch unverständliches Zeug vor sich hin und sagt im nächsten: ihren Namen. Klar und deutlich. Und von da an in den verschiedensten Tonlagen und Gebrauchsarten. Mal im Imperativ, um zu sagen, für wen bestimmte Sachen, die so herumliegen, am besten geeignet sind. Mal ganz selbstzufrieden, wenn sie genau diese Sachen plötzlich in ihren Händen hält und stolz mit der einen Hand umklammert während die andere sanft darüber streichelt. Und mal ganz selbstbewusst, wenn jemand anderes auf die Idee kommen sollte, mit ihr darüber zu diskutieren, für wen etwas bestimmt sein könnte, was sie sich gerade greifen wollte. Dabei ist es übrigens vollkommen egal, ob es um Delikatessen beim Essen, um Sachen zu machen oder um Dinge beim Spielen geht.

Frauen. Ich glaube, ich werde nie verstehen, was in ihren Köpfen so vorgeht. Und über den jetzt kommenden Wortschatz der jungen Dame im Haus denke ich die nächsten paar Jahre besser nicht zu viel nach.

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sprachentwicklung tochter

Feminine Eleganz

Die sprachliche Entwicklung von Kindern ist eine faszinierende Angelegenheit. So war der Sohn schon im zarten Alter sprachlich effizient, wenn auch in der Benennung seiner Liebsten etwas unelegant. Ganz anders seine Schwester. Sie beginnt keineswegs mit dem, was unsereiner vielleicht als anfänglich lebensnotwendig bezeichnen würde. Eltern anreden etwa. Oder Spielzeug benennen. Alles Quatsch. Irgendjemand von den Eltern ist eh immer da und das Spielzeug nimmt man sich einfach, wenn man es braucht. Darüber groß Worte zu verlieren empfindet die kleine Dame als viel zu grob und ungehobelt. Sie mag es offenbar lieber vornehm dezent. Und sagt nur dann etwas, wenn sie selbst nicht weiter kommt. Dann ist es ihr allerdins so wichtig, dass sie gleich mit zwei Wörtern anfängt: Bitte und Danke.

Sitzt man also gemütlich in den Trümmern der von ihr sorgfältig zerlegten Spielzeugeisenbahn des großen Bruders, überreicht sie einem gern den gerade von ihr geretteten Lockführer, nicht ohne jedoch freundlich Bitte! zu sagen und damit auch klar zu machen, dass man ihm nicht nur die dringend benötigte weitere medizinische Versorgung zukommen lassen möchte, sondern auch noch brav Danke! zu sagen hat.

Nicht viel anders läuft es beim Essen. Dass gute Tischsitten wichtig sind, hat ihr schon der Bruder beigebracht. Schiebt man der kleinen Dame beim Frühstück also unausgeschlafen mürrisch und entsprechend wortkarg ihr Essen herüber, damit sie sich dem in Ruhe widmen kann, rührt sie es nicht an sondern wartet mit großen und entsetzt dreinschauenden Augen darauf, dass man freundlich lächelnd Bitte! dazu sagt. Danke. – sagt sie prompt, schnappt sich den Brocken und vernichtet ihn wie vorgesehen.

Kinder halten einem den Spiegel vor, heißt es bekanntermaßen. Woher sie diesen Hang zur pedantischen Korrektheit hat, überlege ich jedoch noch. Aber vielleicht sollte ich das einfach aussitzen und abwarten, bis sie ein paar Personen klar benennen kann. Wenn sie sich hier zumindest ein wenig an ihren Bruder hält, dann ist Papa nicht gerade bei der ersten Handvoll mit dabei.

Beruhigend. Auf eine Art.

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Knallgrün

Wir haben einen Frosch im Haus. Sitzt mitten im Wohnzimmer. Ist knallgrün. Und ruft fortwährend: Applaus! Applaus! Applaus!

Direkt daneben sitzt die Tochter. Macht große Augen. Fühlt vorsichtig, ob man den Frosch auch anfassen kann. Man kann. Sie stupst. Der Frosch lacht. Sie versucht, ihm in den Froschschenkel zu beißen. Er ruft nur: Applaus! Applaus! Applaus! Sie guckt hoch, macht noch größere Augen, setzt sich wieder vernünftig hin und folgt schlicht den Anweisungen des Froschs: sie klatscht. Und lacht dazu.

Ich stehe unschlüssig daneben und frage mich, ob und wann dieser Karnevallswahnsinn jemals wieder aufhört.