Kategorien
kita sohn tochter

Ein Wettstreit

Wir sitzen mal wieder beim Essen. Und nachdem der anfängliche Hunger überwunden und die nötige Ruhe eingekehrt ist, fragt der Sohn ganz überraschend nach, ob wir nicht mal ein Spiel spielen können.

Na, so ein Spiel geht doch immer. Und gerade in seinem Alter als Vorschüler sind Spiele wichtig. Er lernt momentan quasi alles durch die eine oder andere Art eines Spieles. Es ist faszinierend. Also nehme ich die Herausforderung gern an, stimme erstmal zu und frage nach Details.

Und man glaubt es gar nicht: die Lage wird immer besser. Beim Spiel soll es darum gehen, ob die Herren oder die Damen am Tisch leiser sind. Wie großartig ist das denn? Wie lange predige ich schon die Ruhe im Haus? Endlich ist die Botschaft angekommen. Endlich hat er mich verstanden. Nächster Level: Weltfrieden. Passender kann ich das nicht zusammenfassen.

Obwohl. Wer weiß? Der Sohn ist immer gut für eine Überraschung. Meist steckt hinter seinen Spielideen ein solider Plan. Oder zumindest kommen sie nicht ganz aus dem Nichts. Auch wenn der Ansatz, leise zu sein schon mal eine sehr lässige Idee ist, steckt da bestimmt noch mehr dahinter. Ich frage nach. Leise sein, das ist doch bestimmt nicht alles, was denn noch so im Spiel passiert. Nichts. Laut Sohn passiert da gar nichts mehr. Wir sind einfach nur um die Wette leise. Das reicht doch, oder?

Klar. Von mir aus schon. Ich kommentiere es erst einmal nicht weiter. Das würde ja auch nur wieder Geräusche verursachen. Ich bin jetzt einfach mal leise. Der Sohn auch. Er schmatzt noch nichtmal. Super Spiel.

Bis die Tochter irgendwann auflöst: Wer verliert, muss für die anderen einen Kuchen backen.

Damit haben die Damen verloren. Den Kuchengutschein lösen wir bei Gelegenheit mal ein. Und wie die Tochter ebenfalls noch aufklärt, kommt das Spiel aus der Kita, in der die verschiedenen Gruppen gegeneinander antreten. Und tatsächlich haben die Zauberer auch schon für die Hummeln einen Kuchen gebacken. Oder war es umgekehrt?

Na, egal. Ich stelle auf jeden Fall wieder fest: So eine Kita ist eine super Sache. Einmal mehr verstehe ich die Fraktion der vehementen Ablehner dieser Idee nicht. Aber vielleicht hören die auch alle einfach nur schwer.

Kategorien
kita sohn

Knotenlehre

Nach einer planschenden Schwimmrunde im heimischen Balkonpool sitzt der Sohn im Bad. Quasi nackt. Nur seinen Bademantel trägt er. Offen, versteht sich. Denn auch wenn wir eigentlich gerade Zähne putzen wollen, sitzt er lieber da und widmet sich seinem Bademantelgürtel. Ich sehe es nur aus dem Augenwinkel. Die Tochter putzt schließlich schon und man macht sich keine Vorstellungen, welchen Aufmerksamkeitspegel das erfordert. Irre, sage ich Ihnen, es ist irre. Und währenddessen fuchtelt der Sohn gelegentlich mit seinen Armen, nur um sie im nächsten Moment schon wieder ganz ruhig zu halten und irgendwie weiter an seinem Bademantelgürtel herum zu spielen.

Irgendwann ist die Tochter fertig mit dem Hochleistungsputzen ihrer paar Zähne und wir setzen uns beide rüber zum Sohn, um zu gucken, was er da gerade anstellt. Zähne putzt er recht offensichtlich zumindest nicht.

Guckt mal, sagt er stattdessen. Knoten!

Und während ich gerade mit einem cleveren Klugscheißerspruch darauf antworten wollte, stelle ich beim genaueren Hinsehen fest: Tatsächlich, der Sohn macht lauter Knoten in seinen Gürtel.

Sohn: Knoten! Papa, guck mal, das geht ganz einfach: Du legst eine Acht und ziehst das Ende hier durch. Und dann fest ziehen. Da brauchst Du viele Muskeln für. Möchtest Du meine Muskeln mal sehen?

Ich: Klar! Und Deine Knoten sind faszinierend! Und einige sogar doppelt. Wo hast Du das denn gelernt?

Sohn: Im Kindergarten.

Ich: Ach, haben die Erzieherinnen Dir das gezeigt?

Sohn: Nein, nein, das habe ich von den anderen Kindern. Wir haben alle Knoten gemacht!

So, liebe Fraktion der Betreuungsgeldbefürworter: Jetzt seid Ihr dran.

Kategorien
kita

Frisch gelernt

Dass der Kindergarten für den Sohn ein wahres Bildungsparadies ist, wissen wir. So lernt er dort zwar nicht Fahrrad fahren, aber dafür ein paar Schritte auf dem Weg zum modernen Bildungsbürger, die zumindest ich ihm von Haus aus nur schwerlich mitgeben könnte. Ob es nun das selbstbewusste Mitgröhlen von musikalisch eingängigem Liedgut ist oder ob es um das Schaffen moderner Abstraktionskunst geht: Es würde mir jeweils schwer fallen, der Umwelt glaubhaft klar zu machen, dass sein unbestreitbares Naturtalent auf beiden Gebieten ausgerechnet durch meine Vorbildleistung so ausdrücklich zur Entfaltung kommt. Dann haben sie auch noch Bücher im Kindergarten. Bücher, welche wir zu Hause nicht haben. Und der Sohn liest und liest und freut sich.

Ihn abends nach Feierabend zu fragen, was er tagsüber so gearbeitet hat, ist dadurch eine wahre Freude. Bücher gelesen! – antwortet er gern. Lieder gesungen! – kommt vor. Einen Bus gebaut! – ist der letzte Schrei. Und: Wir waren unterwegs, auf einem Ausflug! – gibt’s an abenteuerlustigen Tagen. Er lernt für’s Leben. Es ist ein Traum.

Ganz neu ist jetzt jedoch: Wir haben die Mädchen geärgert!

Also, ich sag’s nochmal ganz deutlich: Von mir hat er das nicht.

Kategorien
kita

Ist weg

In der Kita sitzen drei Jungs unaufgeregt im Sand, ein Mädel lehnt betont desinteressiert an einem nahen Pfeiler, eines entspannt auf den Armen des Erziehers. Die dritte Dame der Runde hat gerade auf dem Weg nach draußen die Sonnenbrille von ihrer Mama stibitzt und mit ernster Mine sich selbst aufgesetzt.

Diese Runde störst Du besser nicht. – dachte ich mir und habe mich erst einmal augenscheinlich egalisiert daneben gesetzt. Was ist schon etwas Sand auf der Anzugshose gegen den klaren Ausdrucks des feinsinnigen Verstehens der großen Schauspiele kleiner Leute? Eben.

Der Sohn schien dankbar. Aber wenn er überhaupt eine Regung zeigte, dann war es nur das leichte Zucken einer Augenbraue. Kaum sichtbar. Ein Zeichen nur zwischen Sohn und Papa. Wortlos reichte er mir einen Stoffelefanten. Wortlos gab ich diesen an seinen schweigsamen Spielkameraden weiter. Lässig nahm er ihn entgegen. Wortlos reichte der Sohn mir ein Bilderbuch. Das gleiche Spiel.

Dann nichts.

Auf einmal: »Das Auto ist weg.« Mein Herz bleibt fast stehen. Nach etwa drei Atemzügen fängt es sich aber wieder. Die Worte kamen aus meinem Rücken. Vom dritten der Kleinen, welcher jetzt an der anderen Seite des Pfahls mit dem Mädchen daran lehnte. »Das Auto ist weg!«

Ich steige aus und stehe auf. Schnappe mir den Sohn. Wanke nach draußen. Er sagt noch immer kein Wort. Sitzt aber fest auf meinem Arm, schnappt sich mit sicherem Griff die Sonnenbrille von meinem Kopf und setzt sie sich selbst auf.

Wir gehen ab.

Resümee: Anzug dreckig. Sonnenbrille weg. Sohn offensichtlich mental entrückt. Verstanden habe ich gar nichts. Aber morgen fahre ich direkt mit dem Auto beim Sandkasten vor. Das hilft bestimmt.