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Der 22. Bücherschrank steht hier im Quartier

Fast leerer Bücherschrank Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute doch so nah liegt? Manchmal sogar gleich um die Ecke, sozusagen im eigenen Quartier. Dort wurde heute ein Bücherschrank eingeweiht. Die Tochter saß in dem Moment hier eh gerade mit den Füßen baumelnd und latent gelangweilt dreinschauend herum. Also hat sie mich einfach spontan an die Hand genommen, wir uns ein paar alte Bücher unter den Arm geklemmt und auf den Weg gemacht.

Bürgerstiftung Und so eine Bücherschrankvernissage ist schon etwas sehr faszinierendes. Es steht ein nagelneuer, reichlich leerer Schrank einfach so in der Gegend herum. Menschen kommen oder sind schon da. Sie umkreisen das gute Stück. Öffnen die Türen, schließen sie wieder, sie gucken, sie tasten, sie stellen hinein, sie nehmen heraus, ein paar reden miteinander, andere geben sich viel Mühe, alle anderen um sie herum möglichst auszublenden. Im Hintergrund spielt plötzlich Musik. Auch diese ist natürlich hochgradig lokal. Auch wir gehen um den Schrank herum. Überall sind Türen. Alle vier Seiten kann man öffnen. Reizvoll.

Es folgt eine Ansprache. Natürlich. Zu befürchten sind eigentlich sogar mehrere. Es kommt doch bestimmt der Bürgermeister und spricht? Könnte man meinen, klar. Er kommt jedoch nicht. Stattdessen spricht eine Dame. Auch gut, das ist eh meist hörenswerter.

Voller Bücherschrank Und wir erfahren natürlich, klar: Regionales. Der 22. Bücherschrank ist es hier im Ort. Jedes Quartier könnte potenziell einen bekommen. Viele haben schon einen. Wir hier jetzt auch. 27 Stadtteile gibt es jedoch insgesamt, da ist also noch Luft. Weniger Luft als im ollen Mannheim und Stuttgart, übrigens. Das erfahren wir ebenfalls. Diese beiden Städte sind nicht nur die großen Konkurrenten im lokalen Kampf um die verschiedenartigsten Absurditäten des Städteränkings. Beide haben sie auch jeweils viel weniger Bücherschränke. Ätsch, bätsch, so wird das nichts. Diese lokal konkurrierenden Städte können echt nichts. Ein Schelm, wer spontan die Schweinereime des Hamburger DJ Koze als Ohrwurm im Kopf hat.

Ungestört durch ohrwurmbeseeltes Schunkeln füllt sich der Schrank. Und schon ein kurzer Blick gibt Entwarnung und bestätigt: Die Texte hierin dürfen ruhig von überregionalen Autorinnen geschrieben werden. Hier steht die Chic-Lit friedlich vereint neben Tai-Chi-Ratgebern; hier kuschelt Günter Grass mit ollen und weniger ollen Krimis. Wer weiß, hier könnten glatt Mannheimer Autoren neben jenen aus Stuttgart stehen. Alles geht, nichts ist tabu. Na, fast nichts. Bei Texten in sehr fremden Sprachen möge doch bitte jemand gucken, ob sie auch wirklich politisch korrekt seien, sagt die Rednerin. Sie meint das sicher besser als es ankommen könnte. Man hofft es zumindest. Aus unserem Haus ist übrigens u.a. das Berliner Netzgemüse mit dabei. Nach nur zehn Minuten steht es auch schon an anderer Stelle als von uns platziert. Man hatte es somit wohl bereits in der Hand.

Ich sag’s mal so: Klappt, der Spaß. Hier im Quartier.

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Abwechslung versus Routine

Das Leben als Schreibttischtäter: es ist kein Leichtes. Immer nur Sitzen, immer nur Tippen, immerhin manchmal auch Klicken. Anstrengend ist das. Aber Abwechslung ist wohl etwas anderes. Das Leben sollte bunter sein. Regelmäßig im Sandkasten sitzen hilft da auch nicht wirklich weiter. Man sollte ruhig ab und an mal den Hintern hoch bekommen. Damit es stimmt mit der Balance. Man möchte doch schließlich mit der Zeit gehen.

Gehen ist dabei gar kein schlechtes Stichwort. Das klingt nicht nur nach Bewegung, das ist auch welche. Da man dabei aber nicht so recht vom Fleck kommt, kann man’s ruhig etwas zügiger absolvieren. Schon wird’s zum: Laufen. Feine Sache. Dafür braucht’s nicht viel. Das kann man auch als Schreibtischverwöhnter. Einmal gelernt, klappt es immer wieder erstaunlich gut. Laufen ist ein feiner Ausgleich zum Schreibtisch. Das machen wir.

Dachte ich übrigens vor ein paar Jahren schon mal. Und habe mich prompt zum lokalen Stadtrundlauf in den damals für mich ganz neuen Südstaaten angemeldet. Die Südstaaten sind groß. Der Rundlauf geht somit über etwa 40 Kilometer. Aber was soll’s? Ich dachte mir damals: Das machst Du locker auch ohne großes Training. Wozu auch? Was soll das schon groß sein? Man läuft halt nicht vierzig lange Kilometer auf einmal, sondern einfach einen kurzen Kilometer vierzig Mal hintereinander. Klingt schaffbar. Das haben andere auch schon hinbekommen. Etwa drei Wochen vor dem Event habe ich dann doch mal zwei Proberunden gedreht. An zwei Tagen hintereinander. Jeweils nur über die Hälfte, also zwanzig Kilometer. Man will’s ja auch nicht übertreiben. Außerdem dauert sowas ja auch. Und die Zeit muss irgendwo herkommen. Schlimm ist das. Das erwähnt übrigens viel zu selten mal jemand. Ich sag’s also noch mal ganz deutlich: diese ganze Trainiererei kostet Zeit, man macht sich keine Vorstellungen. Schlimm ist das. Ich hab’s somit konsequenterweise auf zwei Tage beschränkt. Und mir prompt am zweiten Tag irgendwas verzogen – eine Sehne oder ein Muskel oder wie immer diese Dinger eigentlich heißen. Das tat richtig weh. Zum Teufel mit den Schmerzen hätte ich gern gesagt. Statt dessen habe ich beim eigentlichen Lauf drei Wochen später das Ziel nach der Hälfte genommen. Man muss auch mal zu Kompromissen bereit sein.

Nächster Anlauf: zwei Jahre später. Und da ich mich für durchaus lernfähig halte, lief das mit der Vorbereitung etwas anders. Also regelmäßiger. Den ganzen Sommer über. Der Termin war irgendwann im September. Das passte somit gut. Und hat auch tatsächlich etwas gebracht. Ich war quasi in Form. Vier Wochen vor dem Ereignis waren Testrunden in etwa dreißig Kilometer lang und diese waren sogar in erfreulich kurzer Zeit abgespult. Ich hatte richtig Respekt vor dieser Idee mit dem Trainieren. Hut ab! Auf andere zu hören kann manchmal doch richtig nützlich sein. Wer hätte das gedacht? Und wer hätte weiterhin gedacht, dass ziemlich genau drei Wochen vor dem Termin bei einer kleinen und entspannten Laufrunde ein paar Damen vor mir her spazieren und ich mir beim Ausweichen glatt den Fuß umknicke? Wirklich wahr. Ich konnt’s kaum glauben. Wie ungeschickt. Und selten dämlich. Für die folgenden fünf Monate habe ich erst mal eine Bewegungspause eingelegt. Der Marathon fand ohne mich statt. Selbst die erste Hälfte.

Tja, was soll ich sagen? Vor ein paar Tagen habe ich mich trotzdem noch einmal angemeldet. Wieder zum Baden-Marathon. Wieder in Karlsuhe. Wieder im September. Aber dieses Mal wird alles anders. Soviel steht fest. Dieses Mal bereite ich mich vor. Dieses Mal werde ich nicht wieder drei Wochen vorher irgendeinen Verletzungsquatsch mitmachen.

Dieses Mal habe ich mir eine Zerrung oder Überdehnung oder was weiß ich, was das hier gerade für ein überflüssiger Blödsinn ist, gleich am ersten Tag nach der Anmeldung zugezogen. Vier Monate vor dem Termin. Abwechslung soll ja etwas Gutes sein.

Als nächstes bleibe ich dann jedoch trotzdem wieder am Schreibtisch sitzen. Denn in der Routine liegt bekanntermaßen die Kraft.

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Spielplatz: Hast Du keinen, definier‘ Dir einen!

Spielplatz!

Und da sage noch mal jemand, dem gemeinen Deutschen würde es an Kreativität mangeln.

Der Sohn kennt diesen Teil der Stadt allerdings noch nicht. Möglicherweise ergibt sich aber noch eine passende Gelegenheit, um auszuloten, wie gut es tatsächlich ankommt, mit Ball, Schaufel und Freundin an der Hand diesen wirklich umwerfend großen Wohnquartierspielplatz zu erkunden.

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Applaus

Der Sohn geht aus und mischt sich unter das Volk. Er macht das gern. Insbesondere, wenn es passend organisierte Gelegenheiten dazu gibt, zu denen sich das Volk extra an einem gemeinsamen Ort versammelt. Dann braucht der Sohn nicht bei jedem Volksteilnehmer persönlich zu Hause klingeln.

Gerade jetzt am Wochenende gab’s in Karlsruhe wieder das Fescht. Das ist eine solche Gelegenheit. Kenner der Szene sagen, dass es sich hierbei lediglich um eine Huldigungszeremonie für gelbe Quietscheenten handelt. Das stimmt natürlich überhaupt nicht. Schließlich gibt es auch ein Treffen zum Brunch. Ganz ohne Enten. Dafür mit klassischer Musik, persönlich vorgetragen von einer Karlsruher Orchestercombo.

Als wir dem Sohn die Sache mit dem Brunch erklärt haben, wollte er dort hin. Essen geht immer. Gern auch in Gesellschaft. Wovon wirklich reichlich dort war. Skurrile noch dazu. Etwas komisch geguckt hat er bereits in der Straßenbahn, Haltestelle Schillerstraße, als ein paar Mädels hinter uns meinten: »Schiller. Auch so ein intensiver Typ. Voll Parties und so. Was sie da alles geraucht haben.« Aber der Weg ist bekanntermaßen nicht immer das Ziel. Und der Sohn hat einfach konzentriert in eine andere Richtung geschaut. Dort saßen ein paar Rentnerinnen. Vollkommen schweigsam.

Auf dem Fest gab es, was es dort immer gibt: Leute. Viele Leute. Auch in diesem Jahr wieder viel mehr Leute als im letzten Jahr. Ich glaube, so voll war es noch nie! Aber wir sind ja im Freien. Da ist Platz. Für die Decke auf der Wiese. Und sei es direkt am Weg, der quer durch die Wiese führt.

Decke ausgebreitet. Essen angerichtet. Das Mahl beginnt. Leute gehen vorbei. Von rechts nach links. Von links nach rechts. Es werden immer mehr. Hin und her. Irgendwann fängt die Musik an zu spielen. Da vorn auf der Bühne. Auf der anderen Seite des Weges. Man sieht es nur manchmal. Meist sieht man Waden (für den Sohn) oder Hintern (für die Eltern). Nicht immer nur die schönsten. Doch der Sohn ist glücklich und klatscht. Wenn er nicht gerade vom Essen abgelenkt ist, spendet er Applaus.

Wenn ich nur wüsste, ob er es tut, weil er keine weiteren Schillerkritiken zu ertragen braucht, ob es den Leuten neben und hinter uns gilt, die so wie er fleißig am Essen sind, ob es der Musik gilt oder vielleicht doch den Waden vor seinen Augen.

Wahrscheinlich ist es von allem etwas. Er ist eben gern in Gesellschaft.

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S-Bahn? Lächerlich. Kinder!

Als wäre es erst gestern gewesen: An einem lauschigen Tag im Frühsommer diesen Jahres gab’s eine dieser großartigen Gelegenheiten, bei denen auch der moderne Durchschnittsmann von heute freudig die Hand des örtlichen Bürgermeisters schüttelt und an seinen nur rudimentär entfalteten Fähigkeiten für den entspannten Plausch für zwischendurch feilt. Das gehobene Konversationsniveau bleibt wohl doch den Unterhaltungen mit dem kleinen Mann vorbehalten.

Immerhin handelte es sich beim Sommerspaß um die Eröffnung einer Kita gleich hier um die Ecke, also in beachtlicher Fußreichweite.

Der Sohn war dabei und gleich so angetan, dass er beschloss, noch häufiger dort vorbei zu gucken. Die modernen Eltern von heute stehen den Wünschen des kleinen Mannes natürlich grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. Prompt hat er jetzt die ersten Tage der Eingewöhnung hinter sich. Und die Eltern lässt er hinter sich. Ganz ohne offensichtliche Sorgen, dass sie zu gegebener Zeit schon wieder auftauchen werden. Bis dahin, meint er, sich auch gut ohne sie unterhalten zu können.

Ich bin mir noch nicht so ganz sicher, ob das an den ebenfalls anwesenden kleinen Damen im Haus liegt. Er guckt auf jeden Fall so. Und er guckt sehr interessiert.

Hoffen wir mal, dass alles in geordneten Bahnen verläuft. Und am besten hoffen wir auch, dass die jungen Leute ihre Freude in nachbarschaftskompatibler Atmosphäre haben. Denn von Rechts wegen sind Kinder schlimmer als die S-Bahn und somit eine unzumutbare Lärmquelle. Zumindest in Hamburg. Weit weg? Nicht für den Sohn. Er ist doch nordish by nature!

Der Bürgermeister von Karlsruhe und sein Gefolge hoffentlich nicht. Händeschütteln hin oder her.