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Ganz langsam

Das Leben mit Kindern bleibt spannend. Zweifel hatten wir daran natürlich nie. Beweise gibt es trotzdem immer wieder neu. Oft auch ungebeten. Zum Beispiel dann, wenn der Sohn nicht nur Fieber sondern auch irgendwelche Punkte am ganzen Körper und Beläge auf der Zunge aus der Kita mitbringt. Scharlach nennt sich das Ganze. Wollte niemand haben. Hat er trotzdem nicht dort gelassen.

Am ersten Tag war das wohl auch noch ganz unterhaltsam. Alle haben sich rührend um ihn gekümmert und er hatte nicht nur die Couch für sich allein, sondern auch den Rechner. Zumindest eine Zeit lang. Das gibt’s nicht so oft. Papa, bin ich jetzt ganz lange krank? hat er gefragt. Na, hoffentlich nicht. habe ich geantwortet. Er hat mich verständnislos angeguckt. Quasi um ihm zu zeigen, wie unelegant das nach außen tatsächlich aussieht, sind wir als Eltern wenige Tage später einfach auch geschlossen umgekippt. Scharlach nennt man das dann wohl nicht mehr. Die Ärztin meint, es ist dann eine Art Angina. Ist mir – ehrlich gesagt – egal. Es fühlt sich scheiße an. Da muss man gar nicht viel schönreden.

Ein Trost im ganzen Dillemma ist dann, wenn man lernt: Kinder unter drei Jahren bekommen noch kein Scharlach. Wusste ich vorher nämlich nicht. Stand dann aber in irgend so einem Internetforum. Stimmt offenbar trotzdem. Die Tochter war hier im Haus somit „last man standing.“ Unser Supergirl. Zu anderen Zeiten wäre ich stolz auf sie gewesen. So habe ich nur mit großer Latenz ihren Bewegungsdrang bewundern können.

Stellen Sie es sich ganz schlicht etwa so vor: Sie liegen auf der Couch, die der Sohn natürlich vorher räumen musste. Die Tochter rennt laut schreiend an Ihnen vorbei. Sieht, dass die Balkontür offen ist und brüllt glatt noch lauter, wahrscheinlich hat sie draußen eine Katze gesehen. Das Supergirl stürmt weiter, leiser wird sie nicht. Ziemlich fix ist sie nicht nur auf dem Balkon sondern auch die paar Stufen herunter, die von dort in den Hof führen. Sie merken während der ganzen Aktion nur: irgendwas stimmt hier nicht. Nach vollkommen aufgebrauchter Latenzzeit fällt Ihnen auch auf, was es ist: diese Stufen, da am Ende vom Balkon, die sind doch viel zu hoch für die Tochter. Die kann sie noch gar nicht allein herunter gehen. Supergefährlich. Panik! Sie aktivieren irgendwelche Kräfte, die Sie gar nicht mehr haben und schleichen hinterher. Am Ende des Balkons gucken Sie sich um, die Tochter ist nicht zu sehen. Sie gehen vorsichtig die Stufen herunter, halten sich dabei natürlich sorgfältig am Geländer fest. Unten angekommen sehen Sie dann das Kind im Sandkasten sitzen und fröhlich vor sich hin buddeln. Der Schweiß läuft von der Stirn. Und zwar von Ihrer. Gelegentlich fragen Sie sich, ob der wirklich nur vom Fieber kommt.

So läuft’s übrigens nur am ersten Tag. Am zweiten Ihres eigenen Dilemmas wird der Sohn langsam wieder fit. Es ist wohl das Ergebnis irgendwelcher Drogen, über die wir hier lieber nicht weiter reden. Dafür sieht das Bild jetzt so aus: Sie liegen immernoch auf der Couch. Zwei Kinder rennen gröhlend an Ihnen vorbei. Und Sie wünschen sich nur noch, einfach die Augen schließen zu können, um den nahen Weltuntergang nicht mit ansehen zu müssen. Am Ende des Tages stellen Sie nur fest, dass Sie keine Ahnung haben, wie er eigentlich vorüber gegangen ist, dass die Kinder total glücklich den halben Sandkasten in die Wohnung getragen haben und vollkommen tiefenentspannt eingeschlafen sind.

Es bleibt als kleiner Tipp für Eltern: Werden Sie ruhig mal krank. Da lernen Sie ihre Kinder aus einer vollkommen neuen Perspektive kennen.

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In da House

Was sagt der Arzt des Vertrauens, wenn er etwas genauer hinschaut als die Vertretung kürzlich?

Er beschreibt in etwa das, was auch bei Claus Ast in da House ist. Zum Glück nicht ganz so anschaulich.

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Effizienz

Als moderner Mann von heute ist es mir ein Leichtes, in allem, was der Sohn tut und in vielem, mit dem der Sohn zu tun hat, einen Vorteil zu sehen und oft sogar einen direkten Nutzen abzuleiten. Manchmal kommen die Gelegenheiten hierfür aber doch latent überraschend.

So waren wir kürzlich beim Kinderarzt. Dem Ort des Schreckens. Heimat derjenigen, die von Natur aus davon ausgehen, dass irgendetwas am Sohn nicht im Idealzustand sein könnte, sondern kaputt, krank, heilungsbedürftig, letztlich dem Verfall geweiht. Das ist ein Ort zum Verzweifeln, kein Ort, von dem man mehr mitnehmen kann als einen Sohn, der hoffentlich nicht stärker ramponiert ist als kurz vor dem Termin.

So die Theorie.

Praktisch sah es so aus, dass wir pünktlich zur vereinbarten Zeit dort waren und ohne über Los oder ein Wartezimmer zu gehen gleich ein Behandlungszimmer besetzten. Prompt nach dem Ablegen aller momentan nicht notwendigen Winterutensilien, wie Mütze, Schal und Skianzug, schwebt der Arzt herein und es entspannt sich ein Dialog:

Arzt (während er wie nebenbei grüßt und noch bevor er auf seinem Stuhl gelandet ist): Hallogutentagwiegeht’s und was hat der kleine Mann denn für ein Problem?

ich (sorgsam darauf bedacht, nicht einfach mit der Tür ins Haus zu fallen sondern eine Gesprächsbeziehung aufzubauen, damit wir harmonisch und mit dem Ergebnis einer Win-Win-Situation aus dem Termin gehen können): Einen schönen guten Tag. Wir möchten natürlich nicht mit einer laienhaften Deutung von Symptomen Ihrer fundierten fachlichen Diagnose vorgreifen.

Er (macht es sich gerade auf dem Stuhl bequem): Ja, ja, schon klar. Also: was hat der Herr Sohn denn?

ich (auf das Informationsbedürfnis meines Gegenübers eingehend): Vorsichtig die Symptome interpretierend würde ich auf Konjunktivitis tippen.

Er (blickt kurz auf, dabei dem Sohn aber tief in die Augen): Stimmt. Krankgeschrieben. Vorerst nicht zum Arbeiten in die Kita. Tropfen helfen. Details vorn am Tresen. Sonstnochwas?

ich: Ähh, so spontan jetzt nicht.

Er: Gutvielendankaufwiedersehen.
(geht ab)

Gesprächsdauer, alles in allem: circa vier Minuten. Als jemand, der sonst gern schon für die reine Terminabsprache länger benötigt, bin ich natürlich nicht nur beeindruckt sondern auch zutiefst betroffen. Wenn ich mich wieder erholt habe, was sicherlich länger dauern wird als beim Sohn, nehme ich mir ein Beispiel an meinem neuen Effizienztraineridol und werde auch meine Termine zeitnah und nachhaltig in ihrer Ausgestaltung optimieren.

Es könnte sich lohnen.

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Der kleine Diplomat

Seitdem der kleine Mann die Bühne betreten hat, ist die Familie zu einem komplexen soziologischen Gebilde heran gewachsen. Bei drei Personen haben wir mindestens ebenso viele Meinungen zu den verschiedensten Fragen des Alltags.

Ist eine Tafel Zartbitterschokolade mit Chili schon ein vollwertiges Frühstück? Steht nur Schmarrn in der Zeitung, der obendrein auch noch ganz furchtbar geschrieben ist? Ist es sinnvoller, großartigen Sonnenschutz am Kinderwagen anzubringen oder sollte man ihn manchmal schlicht umdrehen, um dem Sohn die grelle Sonne von den Augen fern zu halten?

Aus einigen Fragen hält der kleine Mann sich elegant heraus. Andere beantwortet er durch das Schaffen von Fakten, was wir als sorgsame Eltern für gewöhnlich sogar bemerken, bevor die gesamte Zeitung zerfetzt und sorgfältig in kleine Stücke mit je einem Buchstaben zerlegt wurde, welche durch geschicktes Neuarrangieren möglicherweise zu spannenderen und unterhaltsameren Geschichten führen könnten.

Und bei einigen Fragen zeigt der Nachwuchs schon jetzt ganz großes Geschick im Vermitteln zwischen augenscheinlich gegensätzlichen Meinungen. So haben wir einige Tage damit verbracht, vage zu spekulieren exakt zu analysieren, wo die ersten Zähne auftauchen werden. „Oben rechts“ war die klare Meinung der bezaubernden Frau des Hauses. „Oben links“ meine eigene – sachlich natürlich viel fundiertere – Ansicht.

Der kleine Mann sagt: unten mittig. Und zeigt das auch ganz strahlend vor lauter Freude über sein Vermittlungsgeschick.

Ich sehe einem weiteren harmonischen Familienglück entgegen.

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Gestochen scharfer Rechtsverstand

Kürzlich war zu erfahren, dass die EU-Kommission Spielzeuge in der Europäischen Union (EU) sicherer machen will. So hat es uns Günter Verheugen als EU-Kommissar erklärt. Krebserregende Stoffe sollen gar verboten werden.

Das flößt natürlich Respekt ein. Und der moderne Mann von heute ist natürlich froh, von so fürsorglichen Politikern umgarnt zu werden.

Wenn sich der moderne Mann von heute nur nicht sofort fragen würde, wer denn bisher besagte Stoffe in Spielsachen überhaupt erlaubt hätte, wenn diese der Gesundheit des Nachwuchses so abträglich sein können.

»Papa, nun bleib mal ganz nüchtern« – würde der Nachwuchs sagen, wenn er es denn schön sagen könnte. »Erlaubt war schlicht, was bisher nicht verboten wurde.«

Das hat er gut erkannt, der Kleine. Und zur nächsten Einkaufstour für Spielsachen nehme ich ihn einfach mit. Dann kann der kleine Herr mit seinem Sach- und Argumentationsverstand an der Kasse schon mal alle Formalitäten klären, während der Herr Papa im Hintergrund alles spielbare zur Probe in den Mund nimmt, um es auf potenzielle Gifte vorzukosten.

Denn aus besagtem Verbot soll eh erst im kommenden Jahr etwas werden. Das sagte zumindest der Herr Verheugen.