Was macht man mit einem Typen, den man bei der täglichen Laufrunde deprimiert an einer Brücke stehen sieht? Ganz klar: Man bittet ihn irgendwann, endlich zu springen. Alternativ gründet man mit ihm eine Heilpraxis, in der die Kunden entweder von ihren Suizidgedanken befreit oder an Terrororganisationen vermittelt werden, damit das große Ende wenigstens für einen guten Zweck zur Geltung kommt.
Das ist doch mal eine edle Geschäftsidee.
»Wir sind’s keine Terroristen, wir sind Dienstleister«, bringt es Babak – der Mann von der Brücke – einmal prägnant auf den Punkt.
Irgendwann geht natürlich trotzdem etwas schief. Es sieht ganz so aus, als ob plötzlich Konkurrenz im Geschäft mitmischt. So geht doch das nicht. Britta – die Läuferin – und Babak sind in der Ruhe ihres ansonsten so geordnet verlaufenden Arbeitsalltags gestört. Alles wird ein wenig nervöser als üblich.
Babak bringt sein Suizid-Kandidaten-Analyse-KI-System in Sicherheit, Britta sorgt sich um ihre Familie. Beide werden von Jägern zu Gejagten. Und wieder zurück. Im ganzen Chaos bekommt sogar eine Kundin ihrer Praxis eine aktive und mitbestimmende Rolle. Die Gegenspieler bleiben im Dunklen. Im Hintergrund nimm der Populismus in der Politik immer mehr Fahrt auf.
Das hat Tempo. Das ist spannend. Das wirft sowohl Fragen des ganz privaten Miteinanders als auch des großen gesellschaftspolitischen Rahmens auf. Bei aller Dramatik (Terrorismus!) macht die Geschichte richtig Spaß.
Die Auflösung kommt dann mit weniger Krawall, als man es zwischendurch erwarten könnte. Es schwingt ein wenig der moralische Zeigefinger mit. Macht aber nichts. Juli Zeh erzählt toll, die Charaktere überzeugen und zumindest die Protagonistin entwickelt sich auch. Leere Herzen, volle Empfehlung.