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Den Küssenden die Welt

Wenn man an einem ganz normalen Wochentag schon am frühen Morgen frisch und munter aufsteht und die Kinder herzt;

Wenn man im Laufe des allgemeinen Morgenrituals den Sohn dazu bringt, sich freiwillig die Zähne zu putzen, nur damit er sich mal in Ruhe gelassen fühlen kann;

Wenn man im Laufe des weiteren Tages auf Twitter die eine oder andere verstörte Reaktion erntet, nur weil man dezent auf möglicherweise mangelnde Zuneigung zwischen den Leuten hinweist;

Wenn man dann auch noch von der Dame des Hauses leicht schief angeguckt wird und sie fragt, ob sie irgendeinen Jahrestag vergessen hat;

Dann ist wohl 6. Juli, der internationale Tag des Kusses.

Und für alle, die jetzt für sich feststellen müssen, dass sie den Tag quasi verschenkt haben: Macht nichts. Nach dem 6. Juli ist vor dem 6. Juli. Und dazwischen gibt’s viel Zeit zum Üben. Nur zu.

Den Küssenden die Welt!


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andernorts

Andernorts

A Tale of Two Dads

Hach.

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aus dem regal

Aus dem Regal

Heute: Die Mütter-Mafia und Friends von Kerstin Gier (Hg.), mit Buddenbohm-Beteiligung

Cover von 'Die Mütter-Mafia und Friends' Was bekommt man, wenn man 13 Frauen und zwei Männer zwischen zwei Buchdeckel presst? Genau: ein rosa Cover.

Und es ist genau das, wonach es aussieht: Strandlektüre. Und wer gar keinen vernünftigen Strand hat, wie wir hier in den Südstaaten, der darf das halt nicht lesen. Und wer das trotzdem macht, wird halt von den Nachbarn schief angeguckt. Von wegen rosa Cover, fehlendem Strand und den Südstaaten.

Aber da muss man wohl durch, wenn man sich unterhalten lassen will. Wie zum Beispiel mit dieser Episode aus dem Supermarkt:

»Sie geben mir sofort den Thymian zurück!«, rief ich.

»Nein«, sagte sie und stellte sich schützend vor ihren Wagen.

Ich war nicht bereit aufzugeben. Eher würde ich vorzeitige Wechseljahre akzeptieren.

»Ich zähle bis drei«, sagte ich nun, wie ich hoffte, gefährlich leise.

»Und dann?«, fragte sie süffisant.

Ich ging einen Schritt auf sie zu. »Und dann werde ich Ihnen die Schamlippen so lang ziehen, dass sie Wäsche daran aufhängen können«, sagte ich und erschrakt vor mit selbst, weil das ja relativ unflätig war und ein Stück weit asozial.

Passt schon. Also viel Spaß! Gern auch am Strand.


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Erziehungsfragen

Ein Sommertag. Wir sitzen draußen. Lehnen uns zurück, essen Beeren, trinken Eiskaffee, gucken ganz entspannt und wechseln ab und an ein Wort. Was man halt so macht. Als Familie am Sonntagnachmittag.

Muss Pipi! – sagt der Sohn plötzlich in einem Moment der Stille. Ganz unaufgeregt. Er bleibt auch sitzen, lässt seine Füße weiter baumeln und schlürft noch einmal entspannt an seinem Kaltgetränk. Erst dann lässt er sich elegant vom Stuhl gleiten und schlurft ins Bad.

Die Dame und ich: wir gucken uns kurz an und nicken leicht. Er macht das schon. – denkt jeder für sich. Da braucht man keine großen Worte drüber zu verlieren. Braucht er Hilfe, wird er sich schon melden. Wir lehnen uns noch etwas weiter zurück und machen es der Tochter nach, welche so tut, als ob sie von allem wenig mitbekommen hat und sich statt dessen mit voller Aufmerksamkeit jeder einzelnen Johannisbeere vor ihr mit sicherem Pinzettengriff widmet. Beeren essen. Eiskaffee schlürfen. Man soll’s mit dem Stress auch nicht übertreiben.

Und prompt steht der Sohn wieder in der Tür. Bleibt ruhig stehen. Guckt nach draußen. Lässt den Blick schweifen. Sieht keine Kumpel auf dem Spielplatz und setzt sich wieder in Gang. Ab auf den Stuhl. Beeren. Kaltgetränk.

Du bist ja halb nackig. – sage ich zu ihm.

Stimmt. – sagt er. Die Unterhose habe ich ausgezogen.

Dann hol‘ Dir bitte eine neue aus Deinem Schrank und ziehe sie an. – sage ich. Und er bleibt prompt stehen. Allerdings nicht wegen mir. Sondern um den Schmetterling zu beobachten, den er auf einmal entdeckt hat.

Sohn, sage ich. Sohn, hol Dir bitte eine Unterhose und ziehe sie an.

Er steht nur da und folgt mit seiner Nase in knappem Abstand dem Schmetterling. Will zu meinem Kohlrabi!

Unterhose. – sage ich.

Großer Kohlrabi. – sagt er.

Unterhose! – wiederhole ich. Mit Nachdruck dieses Mal.

Schmetterling! – sagt er und steckt mit der Nase fast in den Margeriten, zu welchen sich das Vieh offenbar weiter bewegt hat.

Unterhose! – sage ich.

Schmetterling! Nein, lass das. Nein, Schmetterling, da darfst Du nicht mit spielen! – sagt der Sohn und verscheucht das böse Monster aus seinem heiligen Basilikum. An den darf nun wirklich niemand außer ihm heran. Da kann das Tier noch so niedlich sein, irgendwann ist Schluss mit lustig. Es gibt halt Grenzen. Wild um sich fuchtelnd vertreibt er den Störenfried und lässt erst locker als dieser auf und davon zu neuen botanischen Ballungsgebieten fliegt.

Zwei Minuten steht der Sohn noch da und guckt dem Falter hinterher. Als er sich sicher ist, dass dieser nicht zurück kommt, guckt er mich kurz an, dreht sich weiter um und stapft los in Richtung seines Zimmers.

Komm, Papa. Unterhose anziehen! – sagt er dabei beiläufig aber bestimmt. Leicht schüttelt er dabei den Kopf, offenbar darüber zweifelnd, wie ich so entspannt sitzen bleiben kann, anstatt ihn endlich mal aus seinem Bekleidungsdilemma zu erlösen.

Er hat noch viel zu tun. So in Erziehungsfragen.

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aus dem regal

Aus dem Regal

Heute: Moskauer Eis von Annett Gröschner

Cover von Moskauer Eis Es gibt Leute, die behaupten, der gemeine Wenderoman hätte sich komplett überlebt. Er sei nichts anderes als eine skurrile Erscheinung der 90er Jahre. Alt. Verstaubt. Nostalgisch verklärt. Ostzone bewundernd. Kitsch.

Was natürlich alles stimmt.

Mit Ausnahme von Señora Gröschners Moskauer Eis. Das spielt zwar im Osten. Zur Wendezeit. Mit quasi nostalgischem Blick in die DDR-Vergangenheit. Aber es passt trotzdem. Denn zum einen liegt der Osten in Magdeburg. Das traut sich sonst niemand. Und zum anderen beginnt das Buch mit einer Leiche. In einer Kühltruhe. Und ändert das Thema von dort auch nicht mehr wesentlich.

Es geht um Eis. Das ganze Buch hindurch. Gefrieren hier, Tiefgefrieren dort. Experimente mit Eiszutaten gibt es ebenso wie Dealerei mit tiefgefrorenem Schweinefleisch. Und natürlich geht es um die Kühltruhe, die bewohnte. Was sich dann zum Beispiel wie folgt liest:

»Supermacht Sowjetunion ist am Ende«, lese ich beim Hochgehen auf der ersten Seite der »Volksstimme«.

»Kannst rauskommen», sage ich zu Vater, »die Sowjetunion wird nie wieder eine Tabellenwertung bei Olympischen Spielen gewinnen.« Aber Vater interessiert sich nicht einmal mehr für Sport, eigentlich kann der in der Truhe gar nicht mein Vater sein. Falls er in zwei Monaten zur Winterolympiade nicht aufwacht, muß ich ihn wohl für tot erklären.

Und wer glaubt, dass die ganzen zu spät geborenen Jungspunde damit nichts anfangen können, irrt gewaltig. Denn das Eis aus den alten Zeiten, das gibt es wieder. Inklusive dieser kleinen Plastiklöffel, jenen vom Buchcover. Ganz feine Teile, mit Namen drauf. Bei denen eins ganz klar feststeht: früher, zu den alten Zeiten, also als ich das Eis noch auf Zehenspitzen stehend aus der Tiefkühltruhe geholt habe, ja, damals waren diese Plastiklöffel noch viel größer als sie heute sind.

Das habe ich auch dem Sohn gesagt. Er hat mich daraufhin mit großen Augen angeguckt, dann auf seinen Löffel geguckt, noch einmal mich angeguckt, verstohlen auf sein Eis geschielt, alles für einen hinterhältigen Trick gehalten und ohne ein Wort lieber weiter gelöffelt. Papa erzählt Geschichten von früher. Der Sohn genießt im Hier und Jetzt.

Einer von uns beiden macht etwas falsch.


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