Gelesen: Neptun 1986 von Frank Granitz
Von Señor Rolando
Diese Geschichten über die DDR, sie sind schwierig. Unsereiner hat ja selbst etwas davon miterlebt, seitdem das Geschehen in den Erinnerungen ein wenig durchgerührt und was übrig geblieben ist, gilt als Realität. Jeder Text kann dagegen nur verlieren. Es ist kompliziert.
Das Schöne an Romanen ist jedoch, dass sie an dieser Stelle gar keinen Stress haben. Es sind schließlich keine Dokumentationen. Sie können sich an mehr oder weniger reale Gegebenheiten anlehnen, sich bei ihnen bedienen, um letztlich eine Geschichte zu erzählen, die genau so hätte passiert sein können oder aber ganz anders geschehen ist.
So ist es auch hier: Im berühmten Warnemünder Hotel Neptun gibt es 1986 eine Konferenz mit Vertretern des Ostens und des Westens, um über Abrüstungsprogramme zu verhandeln. Als Teil dessen verrät ein russischer Offizier der Delegation des Westens etwas über militärische Standorte im Osten, die dieser lieber weiterhin geheim gehalten hätte. Als Mittelsfrau für die Informationen dient eine Angestellte des Neptun, mit welcher der Offizier nicht nur eine gemeinsame Vergangenheit, sondern aus dieser auch einen Sohn hat.
Die Russen mögen den Geheimnisverlust nicht, der Westen überlegt, was er damit anfangen soll, eine Mutter bangt um ihren Sohn. Irgendwo spielt natürlich auch die Stasi ihre Rolle. Das Drama nimmt seinen Lauf.
Mit den realen Gegebenheiten spielt diese Geschichte so geschickt, dass alles real hätte sein können, es aber nicht ins rein dokumentierende abdriften lässt. Gut gemacht. Gern gelesen.