Gelesen: Limit von Frank Schätzing
Von Señor Rolando
Wie bringt man abenteuerliche Straßenschlachten in slumartigen chinesischen Vororten mit einem Luxusausflug zum Mond sowie ein paar scheinbar verrückt gewordenen Aggressiven zusammen? In genau dieser Kombination, versteht sich. Getreu dem Titel des Buchs bringt Frank Schätzing seine Darsteller ans Limit. Und das macht er sehr detailverliebt.
Da alles in einer – recht nahen – Zukunft spielt, dürfen die Darsteller sich aus einem soliden Arsenal technischen Spielzeugs bedienen. So weicht man dem üblichen Stadtstau am besten durch sogenannte Airbikes aus, mit denen man entweder elegant oder doch lieber waghalsig über die Straßen hinwegfliegt. Immerhin bedarf der Spaß eines gewissen finanziellen Spielraums, der nicht allen gegeben ist. Das ist schon fast wieder beruhigend.
Ganz ähnlich gilt es für die Aktivitäten auf dem Mond. Dort oben hat jemand nicht nur Helium-3 gefunden, sondern auch eine Möglichkeit, dieses zu bergen und mittels eines Fahrstuhls runter zur Erde zu schaffen. Ein paar Fusionsreaktoren dazu und zack, ist die konventionelle Energieversorgung mitsamt ihrer recht wirtschaft- und wirkungsstarken Akteure komplett im Eimer. So schnell kann’s gehen.
Das finden nicht alle unterhaltsam, eh klar. Und damit sind alle Bestandteile für einen schönen Spannungsbogen, für viele Konflikte und für aktionreiche Szenen gegeben. Diese nutzt Schätzing auch gekonnt aus. Es ist wirklich immer was los in der Geschichte.
Und doch zieht sie sich gelegentlich ein wenig. Das liegt zum einen an der wirklichen Länge der Geschichte. Es liegt aber vor allem an den Personen. Wie gesagt: Sie machen immer was mit, leiden dabei auch angemessen viel, es ist dramatisch. Und doch fühlt man eben nicht immer so recht mit, fühlt sich ihnen emotional nicht recht verbunden. Vor allem die ganzen Darsteller der Reise zum Mond sind trotz ihres Glanzes, ihrer Gloria, ihres Reichtums und ihrer Macht recht farblos, wirken austauschbar. Erst mit dem Auftreten des klaren Bösen kommt Leben in die Bude, fühlt man im Drama leichter mit.
Das ist zwar schade, wenn man die zum Teil etwas dünn gezeichneten Charaktere aber erstmal akzeptiert, dann bekommt man viel spannende Abenteuer, ein solide recherchiertes und konstruiertes Setting, tolle Entwicklungen und Wendungen in der Story.
So gesehen ist das eine lohnende Geschichte, die eine spannende Science Fiction der nahen Zukunft erzählt, obwohl sie schon vor zehn Jahren erschienen ist. So gut altern muss man auch erstmal können.