Gelesen: »Der Wal und das Ende der Welt« von John Ironmonger
Von Señor Rolando
Am Anfang gibt’s den Wal und einen nackten Mann. Beide werden am Strand eines entlegenen englischen Dorfes angespült. Beide werden von den Dorfbewohnern gerettet. Der Wal geht zurück ins Meer, der Mann kommt ins Dorf. Der Wal verschwindet quasi bis zum Ende der Geschichte (von wenigen, eher beiläufigen Gastauftritten mal abgesehen), der Mann bleibt.
Er entpuppt sich als Mathematiker, der als Analyst bei einer Londoner Investmentbank arbeitete. Seine Analysemodelle veranschaulichten dabei unter anderem Szenarien der Dramaturgie, die im Falle einer Grippe-Epedemie eintreten können und es sehr wahrscheinlich auch tun. Das ist doch mal eine zeitgemäße Thematik.
In der Geschichte geht es um diese Modelle und wie sie helfen können, das Zusammenspiel der vielen Bausteine unserer modernen Zivilisation verstehen zu können. Es geht darum, ob und welche Auswirkungen dessen in einem abseits gelegenen Fischerdorf mit dreihundert Einwohnen spürbar sein können. Es geht darum, wie wir uns im Glauben an die Ernsthaftigkeit einer Epedemie wohl verhalten. Greift das Bild des Homo oeconomicus, der nur auf seinen hocheigenen Vorteil bedacht ist und diesem alles unterordnet? Oder hält uns als soziale Wesen, die in Gemeinschaften zusammenleben noch mehr als das aneinander gebunden?
Es sind keine kleinen Fragen und Themen, die John Ironmonger hier aufwirft. Und er schafft das doch recht leichtfüssig. Die Geschichte zieht einen flüssig durch die Seiten, entblättert die Historie unseres anfänglich nackten Mannes stückweise und streut Gedankenmodelle samt z.T. wilder Theorien mit ein, ohne dabei sonderlich mit dem erhobenen Zeigefinger zu winken.
Das liest sich flüssig und angenehm, was natürlich auch an der soliden Übersetzung von Tobias Schnettler und Maria Poets liegen kann.
Eine Empfehlung.