Gelesen: Lebenslauf von Lutz Balschuweit
Von Señor Rolando
Beim Buch Lebenslauf von Lutz Balschuweit steht »Kein Wettkampf« groß auf dem Buchcover. Und damit ist alles wesentliche zum Charakter und Thema dieses Laufbuches gesagt.
Kurz zusammenfassend stellen wir fest: Hier läuft jemand jeden Tag. Er ist also ein Streakrunner. Täglichläufer gefällt manchen als Begriff besser, das ist auch hier im Buch so. Nun denn, passt beides. Das macht er, ohne an irgendwelchen offiziellen Wettkämpfen teilzunehmen. Passt natürlich auch. Jeder, wie er mag, zumal dieser Lutz Balschuweit durchaus auf die Zahlen seiner Läufe guckt. Er weiß sehr wohl, wieviele Tage seines Streaks er bereits absolviert hat, er weiß auch sehr genau, wieviel Kilometer dabei bisher zusammengekommen sind (Spoiler: Weit mehr, als einmal um die Welt herum) und er weiß auch recht genau, wann er mit wem zusammen lief und wann er schlicht allein unterwegs war.
Genau davon erzählt er hier im Buch. Es ist nämlich eine Sammlung kleinerer Geschichten, täglicher Anekdoten meist. Wir sind hier direkt bei seinen Läufen dabei, kennen alle Mitstreiter beim Vornahmen und die Laufgegend mit all ihren regionalen Details.
Das kann man machen, aber es fehlt doch ein wenig der übergreifende Zusammenhang. Für sich selbst sind die Geschichten jeweils nett und unterhaltsam, in der Summe ergibt sich jedoch keine Geschichte, die sich entwickelt und die Leser durch das Buch zieht.
Dieses Gefühl der fehlenden Überarbeitung und Feinschleiferei wird noch ein wenig durch Formalitäten unterstrichen. So ist die Schrift zum Beispiel schlicht zu groß und eher am womöglichen Default der Schreibsoftware als an der Lesbarkeit orientiert. Auch stehen die Seitenzahlen immer hübsch rechts unten. Unglücklicherweise ganz unabhängig davon, ob sie gerade oder ungerade Seiten verzieren. Davon geht die Welt nicht unter, glasklar. Aber es holpert trotzdem.
Dem Autor scheint’s egal zu sein. Er kümmert sich lieber um das Laufen und die Frage, was das eigentlich sein soll. Was macht einen Läufer aus? Er kommt zu einem klaren Schluss:
Und am Ende bist du ein Läufer, wenn du läufst. Nicht mehr und nicht weniger.
Ganz genau. Manche schaffen ganz en passant auch noch bemerkenswerte Leistungen. Die einen zum Beispiel einen fixen Marathon, andere spulen beim Streakrunning den ganzen Erdumfang ab oder benutzen gemeinsame Läufe als pragmatisches Mittel zur Integration von zugereisten Menschen. Auch dazu gibt es Geschichten in diesem Buch.
Im hier vorliegenden Fall zeigt Lutz, wie man sehr vieles sehr richtig machen kann, wie man mensch(lich) bleibt, während man täglich einen Halbmarathon absolviert und wie man seinen ganz persönlichen Wettkampf finden kann, ohne dass jemand Medaillen dafür verteilen muss.
Die Formfehler des Buches schwächen ein wenig den Genuss beim Lesen. Aber wenn man das erst mal akzeptiert hat, gibt es anregende Anekdoten. Vom Laufen, über das Leben. Und wer dafür nicht unbedingt ein Buch in der Hand braucht, liest stattdessen das Blog von Lutz. Da kommen die Texte schließlich her. Also warum nicht gleich an der Quelle lesen? Eben.