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Ein Knastmarathon

Was man beim ersten Versuch vergeigt, könnte beim zweiten ja besser klappen, oder? Nun, einen Versuch war das jetzt wert, das DNF beim Knastmarathon im letzten Jahr war schließlich nicht nur unschön, sondern hat auch so einen Schalter im Kopf umgelegt und zack, lief es für eine ganze Weile generell nicht mehr so toll. Das ist ja kein Zustand, echt jetzt mal. Also gab’s heute einen neuen Anlauf. Und prompt führte der auch bis zur Ziellinie. Geht doch.

Ich kann das ürigens sehr empfehlen, dieses Laufen im Darmstädter Knast. Was für eine tolle Veranstaltung. Die Location ist recht einzigartig, was wohl ein wenig auf der Hand liegt.

Portrait des KnastläufersDrinnen, hinter der Fünfmetermauer und dem ganzen Stacheldraht, gibt’s einen ordentlich organisierten Marathon. Da findet sich wirklich nichts, was bei so einer Veranstaltung sinnvollerweise dazugehört und dass es hier nicht gibt.

Die Verpflegung ist vor, während und nach dem Lauf aufgebaut und in ausreichenden Massen verfügbar. Selbst Kaffee und Tee werden gereicht. An der Strecke gibt’s unter anderem Cola. Und ich werde nicht müde zu betonen, wie großartig Cola als Streckenverpflegung ist. Das klingt so simpel und profan, ist jedoch sehr, sehr toll. Liebe Marathonorganisatoren: Besorgt Cola und schenkt sie mit aus. Die Welt wird automatisch zu einer besseren.

Neben Bananen und Orangenscheiben wurden außerdem Schokoriegel serviert. Die rangieren zumindest in meiner Gunst ja direkt hinter der Cola. Auch so ein einfaches Ding: Legt Schokoriegel hin, bitte. Ohne die Bananen wegzulassen, versteht sich.

Für die Zeit nach dem Lauf hat auch jemand an den Käsekuchen gedacht. Andere Kuchensorten standen auch herum. Von denen weiß ich aber nichts weiter. Der Käsekuchen war auf jeden Fall super.

Dass die Versorgung nicht nur wohlsortiert, sondern auch häufig verfügbar war, gehört ein wenig zu den hausgemachten Features. Man läuft auf dem Knastgelände schließlich 24 Mal auf einem Rundkurs. Da braucht’s halt nicht viel, bis man ganz automatisch an der Versorgungsstation vorbei kommt. (Das ist jetzt nicht ganz so dekadent wie beim Hallenmarathon, aber da wollen wir mal nicht so sein.)

Im Knast gibt’s natürlich auch keine Dixi-Klos. Stattdessen sind einfach ein paar der Toiletten in den ganz normalen Knastbaracken für die Laufenden freigegeben. Auch das klingt wieder recht banal. Wer aber schon mal Kontakt mit der sonst üblichen Dixi-Sammlung hatte, wird das wertschätzen können.

Anfeuernde am Streckenrand gibt’s übrigens auch. Neben den Organisierenden sind das vor allem für jeweils eine Stunde zwei verschiedene Gruppen von Knastbewohnern, die ihren Ausgang während des Marathons haben. Die einen bewegen sich hinter einem respektablen Zaun, die anderen stehen quasi direkt an der Strecke. Die Sprüche von dort haben nicht immer ein gepflegtes Aphorismen-Potenzial, aber das gehört sich an dem Ort auch so. Autenthisch gewinnt. Und eins verrate ich gern: Auch das Händeabklatschen beim Vorbeilaufen hat eine andere Qualität, als eben dieses bei den Kleinkindern, auf deren Händchen man sonst so an der Strecke trifft.

Weniger toll ist übrigens die Strecke, wie sie meine GPS-Uhr interpretiert:

Die Strecke, wie die GPS-Uhr sie sieht

Abgesehen davon, dass sie zwischendurch mal kurz das Gelände verlassen hat (ohne mich, ich schwöre!), hat sie sich auch zweimal eine Pause beim Aufzeichnen gegönnt. Laut Uhr war dieser Marathon somit nur 32 Kilometer lang. Sitten sind das. Liebes Gadget, so bleiben wir keine Freunde.

Liebe Organisatoren von kleinen, feinen Laufveranstaltungen: Bei Euch sieht das anders aus. Euch mag ich sehr. Auch im Knast. Vielleicht sogar besonders im Knast.