Wenn etwas unseren Zeitgeist umtreibt, dann die Chancen und Gefahren der modernen Technologie. Die Vernetzung steigt und dringt in viele Lebensbereiche vor. Hierdurch können viele neue Erkenntnisse gewonnen werden. Lose Informationsenden müssen nicht mehr allein und nutzlos herumhängen, sie können sich vereinen und dann viel Gutes für die Menschheit bewirken. Gleichzeitig steigt damit die Gefahr, dass jemand diese ganzen Zusammenhänge für unangebrachte Zwecke auswertet, ausnutzt, misbraucht.
Das birgt Potenzial für viel Reibungsfläche. Diese lässt sich auch literarisch sicher gut verwerten. Dave Eggers hat es mit »Der Circle« versucht. Dieser Circle ist eine hippe Firma, welche alle Online-Aktivitäten von Menschen zusammenführt, diese dadurch perfekt zusammenspielen lässt und ganz allumfassend auswertbar macht.
In diese Firma kommt Mae als Protagonistin ganz naiv und hochmotiviert herein. Und sie arbeitet sich hoch. Von der kleinen unbedarften Angestellten wird sie zu einer der zentral tragenden Figuren der Organisation. Ihre anfängliche Begeisterung für das technologisch Mögliche entwickelt sich schrittweise zur Mitgestaltung der totalen, umfassenden Komplettüberwachung von allem und jenem. Das dient natürlich immer sehr ehrenwerten Zielen. Und natürlich lässt sich alle gesammelte, zusammengeführte und auswertbare Information auch misbrauchen. Die Angst davor zieht sich durch die Geschichte.
Sprachlich ist der Text recht unaufgeregt. Die Sätze fließen angenehm dahin, fliegen mal schnell und kurz vorbei, winden sich jedoch gelegentlich auch um den ein oder anderen Nebensatz. Die Wortwahl ist unauffällig. Hier gefällt sich die Sprache nicht, hier erfüllt sie einen Zweck. An ihr eckt man nicht an. Die beiden Übersetzer Ulrike Wasel und Klaus Timmermann haben somit passende Arbeit geleistet.
Von der Geschichte kann man das leider nicht sagen. Irgendwie hofft man beim Lesen bis zum Schluss, dass noch etwas Inspirierendes passiert und die Dramaturgie nicht in der Dystopie der allmächtigen Überwachung banal gefangen bleibt. Man hofft umsonst. Wenn sich im Verlauf der Erzählung eine plumpe Gelegenheit für weitere Überwachung und euphorische Technikgläubigkeit ergibt, dann nutzt sie der Autor auch. Dabei verbleibt er in Plattitüden, versucht gar nicht erst, unlogische Widersprüche aufzulösen oder Gründe für irrational erscheinendes Verhalten zu finden. Technikkritik verliert sich in der Darstellung von verwirrten Spinnern, die als isolierte Einzelfälle im Ewiggestrigen gefangen sind.
Das enttäuscht. Schade eigentlich.