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Aus dem Regal: Heaven’s Gate von Tommy Schmidt

Heaven's Gate von Tommy Schmidt Hier wird gestorben. Was für ein Spaß.

Klingt perfide? Ist es nur bedingt. Es geht nämlich darum, dass im Berlin einer gar nicht mal so fernen Zukunft ein erfolgreicher Entertainment-Unternehmer das Heaven’s Gate baut. Das ist ein Ort zum Sterben, in dem man sich nicht einfach nur hinlegt, ohne wieder aufzustehen. Sondern es ist ein Ort, bei dem man das mit maximal möglichem Unterhaltungsfaktor tut, Entertainment halt. Hier wird zelebriert, inszeniert, aufgeführt und dargestellt. Und der Erschaffer des Ganzen möchte auch gleich der erste Gast und Kunde sein.

Wenn es denn irgendwann mal fertig wird. Genau darum geht’s im Buch. Dieses Heaven’s Gate wird nämlich mitten in Berlin gebaut. Natürlich gibt es da den einen oder anderen Protest sowie Widerstand der Anwohner. Wer Baustellen kennt, glaubt sicher auch, dass es die eine oder andere Planabweichung und Verzögerung obendrein gibt. Ob da nun gestreikt wird, ob da irgendein seltenes Tier durch die Baustelle bedroht wird, ob da jemand einen Fehler beim Bau macht: es gibt immer einen Grund, warum es nicht nach Plan läuft. Und unser Unternehmer und seinem inszenierten Tot entgegen fiebernder Held wird auf die Geduldsprobe gestellt.

Das ist hochgradig unterhaltsam. Das rückt so manchen Aspekt der aktiven Sterbehilfe aus der Tabuzone rein ins Normale, Unterhaltsame, Diskussionsfähige. Es zeigt ganz entspannt, dass nichts per se dem Entertainment entzogen werden kann, dass wir eigentlich auch jetzt schon so weit sind, nur ein paar regulative Rahmenbedingungen seitens der Gesetzgebung dem vielleicht noch entgegen stehen. Das ist lächerlich, die ändern sich manchmal schließlich schneller als man sterben kann.

Zum Heaven’s Gate gibt es übrigens sogar eine Homepage, mit Trailer und allem Drum und Dran. Und selbst wenn es auf der Verlagshomepage nicht so aussieht, gibt es das Buch natürlich auch in elektronischer Form. Das ist hier schließlich alles hochmodern. Einer der ältesten Shops des Landes hat es zum Beispiel, aber der Onlineableger des Buchladens um die Ecke kann bestimmt auch liefern.

Nur zu. Es lohnt sich.