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Von Sturmfluten und Strandschätzen

Es gibt Gegenden, die sind quasi immer schön. Egal, zu welcher Jahreszeit man sie sich anschaut: Irgendwas ist immer toll. Die Ostsee gehört zum Beispiel dazu. Das ist so ein Gewässer, an das man nicht einfach nur fährt, um die Füße ins Wasser stecken zu können. Da kann man auch außerhalb der Saison ganz wundervoll abhängen. Das geht ganz prächtig.

Momentan ist dort zum Beispiel ganz und gar keine saisonal übliche Besuchszeit. Und trotzdem ist etwas los. Hochwasser zum Beispiel. Wenn man da einmal kurz nicht aufpasst, sind die vorhergesagten Pegelstände fix überschritten und es droht ein neuer Rekordhochstand.

Pegelinfo

Das klingt nicht nur spannend, das hat auch eine aufregende Ursache. Viel Wind nämlich. Die Brise ist spürbar. Und abgesehen davon, dass sie für kalte Ohren sorgt, hat sie noch eine recht charmante Nebenwirkung: Sie spült Bernsteine an Land. Es ist der Traum aller Sammelnarren, wie es sie in jeder Familie wohl gibt. Wenn man die Lage ganz ehrlich und aufrichtig betrachtet, handelt es sich jetzt im Winter sogar um die eigentliche Hauptsaison an dieser Küste. Denn im Hochsommer kann man das Bernsteinsammeln vergessen. Dann klappt das nicht. Hoffnungslos. Geht nur jetzt.

Ostsee ohne Strand

Prompt sieht man sie eben jetzt: all diese Gestalten, die in gebückter Haltung über den letzten kümmerlichen Rest Strand streichen, bevorzugt in angeschwemmtem Algenschlamm wühlen und nur bedingt durch die Außenwelt erreichbar sind. Wir sind selbst mittendrin. Wir gehen gebückt, wir suchen, wir finden auch, Steine weniger, Plastikmüll und Strandspielzeug etwas mehr. Und wir treffen die anderen.

Einer von ihnen hebt kurz den Kopf. Er wollte sicher nur kurz seinen Rücken richten. Es ist sonst ja wirklich schwer zu ertragen, dieses Dauergebückte. Kurz recken, die Knochen und das Bindegewebe richten und weiter geht’s. Jeder Stein zählt. Jeder Fund kann nur einmal gemacht werden. Was man selbst nicht aufhebt, könnten sich die anderen schnappen. Nicht vorstellbar. Und doch haben wir ihn kurz bei einer Pause erwischt.

»Hallo! Na, schon schöne Schätze gefunden?«, fragen wir ihn.

Nur zögerlich kommt eine Antwort. Man kann es in ihm arbeiten sehen. Wenn er jetzt zu viel sagt, seine Geheimnisse verrät, dann ist es um eben diese geschehen. Dann ist sein Tag quasi gelaufen.

»Bernsteine? Ach was, die findet man doch erst, wenn der Wind wieder weg ist«, sagt er. Und dreht sich schnell weg, um in gebückter Haltung das Weite zu suchen.

Wir verfolgen ihn nicht weiter. Ich kann somit nicht mit Sicherheit sagen, wie voll seine Sammelbox letztendlich wird, die er extra mit sich herumträgt. Was ich jedoch sagen kann: Wir haben unseren Spaß. Diese Gegend lohnt sich halt wirklich zu jeder Jahreszeit.

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