Kurzgeschichten sind im Trend. Vor gar nicht allzu langer Zeit gab es einen passenden Nobelpreis dafür. Und der aktuelle ist thematisch auch nicht weit weg.
Aber selbst in der zweiten Reihe tut sich was. Dort, wo nicht gleich der eine wahre Preis verliehen wird. Dort, wo es regionale Preise und Auszeichnungen gibt. Mehrere davon hat dieses Buch bekommen. Die schönste Ehrung dieses Werkes ist sehr sicher, dass es als eins der 10 besten Bücher der letzten 50 Jahre Singapurs gekürt wurde.
Das ist nicht nur schön, das passt auch. Denn die Autorin kommt aus Singapur. Und Zoë Beck hat diese Geschichtensammlung ins Deutsche übersetzt. Und spätestens damit sollte eines klar sein: So schlecht sind diese Texte wohl nicht. Was stimmt. Das sind sie nicht. Ganz im Gegenteil sogar. Es sind sehr feine Texte, erlesene Texte, sorgfältig erzählte Texte.
Ja, sorgfältig erzählt. Denn thematisch macht die Autorin hier genau das, was in Kurzgeschichten sehr gern passiert: Das Alltägliche reflektieren. Damit ist die Themenwahl durchaus ein wenig gewöhnlich. Hier regiert das Ordinäre. Es geht um Gefühlslagen, es geht um Beziehungen, es geht jedoch eher weniger um Herzschmerz. Es geht um Frauen, um Männer meist eher indirekt und doch geht es nicht um plump vorgetragenen Stockfotospruch-Feminismus. Es geht um Tabus, es geht um Repressionen, keineswegs geht es aber um anprangernde Kommentare zur Tagespolitik.
Und bei allem geht es um das Erzählen, um die Kunst des Erzählens. Es geht eben nicht darum, etwas real oder gedacht Geschehenes einfach nachzuerzählen. Sondern die Texte schaffen es vielmehr, beim Erzählen Gefühle zu vermitteln. Es sind Gefühle der Verzweiflung, der Einsamkeit, des nostalgischen Verklärens, der Sehnsucht. Das fühlt sich teilweise durchaus so melancholisch an, wie es jetzt klingen mag. Teilweise steckt jedoch eine Zuversicht in den Geschichten, die im dramatischen Drumherum der jeweiligen Erzählung gar nicht offensichtlich ist. Aber so ist das nunmal mit den Gefühlen: Sie sind nicht immer nur euphorisch. Sie sind nicht immer nur niederschmetternd. Sie pendeln vielmehr zwischen den Extremen.
Und was mehr möchte man von sorgfältig erzählten Texten erwarten, als dass sie die Gefühle anregen? Eben.
Eine Empfehlung. Und das nicht nur, weil Kurzgeschichten vollkommen zu Recht im Trend liegen.
3 Antworten auf „Aus dem Regal: Ministerium für öffentliche Erregung von Amanda Lee Koe“
Oho, @CULTurBOOKS hat da was: »Ministerium für öffentliche Erregung« von Amanda Lee Koe, übersetzt von @beck_zoe.
papaswort.de/2016/10/27/min… h
tag:twitter.com,2013:791521814153457664_favorited_by_471377037
Zoë Beck
https://twitter.com/sr_rolando/status/791521814153457664#favorited-by-471377037
Dieser Marathon entlang der chinesischen Mauer: Immer wieder schön anzusehen, auch wenn man gar nicht selbst mitläuft.
Nicht unbedingt beim Laufen, eher so ganz allgemein wird ja momentan die Kunst des Scheiterns gern gefeiert. Außerhalb des Silicon Valley ist das Machen von Fehlern jedoch nur bedingt sexy, man mag es dann doch kaum glauben. Am Beispiel von profanen Zahnbürsten in noch profaneren Gegenden lässt sich das jedoch hervorragend veranschaulichen.
Sehr erfreulich: Auf der Shortlist des diesjährigen Internationalen Literaturpreises steht unter anderem Amanda Lee Koe. Wir erinnern uns.
Noch eine Erinnerung, bitte: Ein Jugendlicher zog aus, die Weltmeere vom Plastikmüll zu befreien. Nun, er macht es wirklich. Hut ab.
Weniger Erinnerung als Jammern im Jetzt ist die Erkenntnis, dass die Zeiten immer schnelllebiger werden. Alles ändert sich, laufend, irre schnell, man kommt gar nicht mehr mit. Oder? Oder. Stimmt nämlich gar nicht. Tja, diese Fakten aber auch.
Beim nächsten Link müssen wir alle mal ganz tapfer sein. Hinter diesem steckt nämlich die Offenbarung, das das Lesen von Büchern uns nicht automatisch zu besseren Menschen macht. Das ist natürlich ein dickes Ding, eine bittere Ernüchterung. Zum Glück steht doch auch, dass wir ruhig trotzdem weiterlesen können. Und sollten.
Jetzt kommt noch etwas vollkommen überraschendes: Wir müssen gar nicht immer und zu allem unsere spontane Meinung herausposaunen! Was für eine Erkenntnis. Endlich! Entspannte Zeiten stehen bevor.
Um die zu genießen, könnte man sich momentan glatt den Mittelhof von Bullerbü zulegen. Ganz wirklich.