Über das Einschlafen auf der Autobahn
Von Señor Rolando
Noch vor kurzem gab es hier Ferien. Es war die große Sommerpause. Und es war ein großer Sommer. Das war somit eine ganz wundervolle Zeit für Ausflüge. Wir waren prompt dabei. Mittendrin. Wir haben Ausflüge gemacht. Zu Fuß, mit dem Rad und zum Teil auch mit viel Gepäck und Tamtam im motorisierten Familiengefährt. Das ist nicht weiter schlimm. Der Nachwuchs hier im Haus ist Autos gegenüber durchaus aufgeschlossen. Das macht das Fahren doch erheblich einfacher als es in anderen Familien wohl der Fall ist. Man hört ja immer mal wieder Geschichten. Tauschen möchte man da nicht.
Wir sind schlicht dankbar. Und zeigen das unter anderem durch angemessene Reiseplanung. Auch wenn das mit dem Auto und dem Fahren per se kein größeres Problem ist, muss man es trotzdem nicht übermäßig direkt mit dem feinen Sommer und seinen sonnigen Tagen verbinden. Egal, wie charmant man die Fahrt auch gestaltet: Gegen Strand, Pool oder andere Arten der Spielzeit kommt sie doch immer etwas weniger verlockend daher. Und das gilt keineswegs nur für die Kinder. Auch die Erziehungsberechtigten des Hauses sitzen bei schönstem Wetter und strahlendem Sonnenschein lieber mit einem Kaltgetränk am Wasser als hinter dem Steuer im Stau.
Also planen wir entsprechend. Und fahren am Abend, rein in die Nacht. Schon bei der Abfahrt hat man dann quasi einen ganzen Tag hinter sich, konnte angemessen abhängen oder sich beim Spielen verausgaben. Da die Kinder eher letzteres machen, sind sie entsprechend erschöpft. Der Plan sieht vor, dass sie fix einschlafen, von der wundervollen Fahrt recht wenig mitbekommen und bei Ankunft der gesamte Clan geschmeidig für den Rest der Nacht ins Bett gleiten kann. Es ist ein feiner Plan, man kann sich da ruhig einmal selbst loben. Wirklich gelungen, die Idee.
Die Tochter versteht uns auch. Sie braucht nur wenige Minuten, bis sie im Auto eine Position gefunden hat, in der sie ruhig vor sich hin schnarchend schnurrend die kommenden Stunden verpasst.
Dem Sohn fällt das ein wenig schwerer. Zu aufregend ist das ganze Drumherum. Spannende Landschaft zieht schließlich vorbei. Gewerbegebiete auch, dringend muss man die jeweilige Sinnhaftigkeit und potenzielle lokale Schöpfungskraft erörtern. Straßenschilder rauschen in all ihrer Vielfalt dahin. Einige sind klar, einige erschließen sich nicht intuitiv, auf anderen stehen anregende Ortsnamen drauf. All das ist sehr spannend, aufregend gar. Wie soll man da schlafen? Der Sohn versteht es nicht.
Ich verstehe ihn. Und rege trotzdem noch einmal an. Ausruhen ist schließlich auch super. Er sieht es wohl ein. Auf einmal ist Ruhe auf der Rückbank.
Bis er sich nach einigen Kilometern doch wieder meldet: »Papa, das ist doof. Autozählen hilft gar nichts. Ich habe das jetzt bis 300 gemacht. Und: Ich schlafe noch immer nicht!«
Unerhört, wohl wahr.
»Und Schafe gibt’s hier auch keine.«
Das ist in der Tat grausam. Ich fühle mit ihm, tröste ihn. Und wenig später ist auch tatsächlich Ruhe. Es liegt jedoch weniger an meinen Überzeugungskünsten als daran, dass es mittlerweile schlicht sehr dunkel geworden ist. Ein paar Sterne strahlen vom Himmel herab. Beim Zählen dieser hat der Sohn dann doch schlapp gemacht und ist eingeschlafen.
Als Astrologie-Ignorant stelle ich jetzt schlicht fest: Sterne? Super! Gerne wieder. Nicht nur in den Ferien.