Aus dem Regal: Momente der Klarheit von Jackie Thomae
Von Señor Rolando
Großstadtlektüre. Viel mehr muss man dazu eigentlich gar nicht sagen.
Denn es geht in der Tat genau darum: Um Großstädter und ihre Sorgen. Oder besser gesagt: Sörgchen, wenn das denn ein gültiges Wort ist. Denn wahre Dramen sehen anders aus. Ich glaube, die Autorin kommt aus Berlin, alles andere ergäbe zumindest keinen rechten Sinn. Und in Berlin; besser gesagt: in einer Stadt, die etwas auf sich hält; hat man bitte auch keine ernsthaften Sorgen. Da konstruiert man sich lieber welche. Die Arbeit macht zum Beispiel keinen Stress. Also natürlich ist sie auch mal stressig, dass aber nur, um dem eigenen Lifestyle-Design ein wenig auf die Sprünge zu helfen. Oder man hat erst gar keine. Das ist eh besser. Die wahren Künstler werden vom ordinären Umfeld eh nicht verstanden.
Aber wie gesagt: Gearbeitet wird bei den Darstellern der hier im Buch geschilderten Charakterdarstellungen eh eher wenig. Man drückt sich einfach aus. Der eine wird dabei verstanden, die andere eher nicht.
Ansonsten bleibt zum Glück das Liebesleben. Das ist immer für ein paar Geschichten gut. Das gilt natürlich vor allem dann, wenn dieses Leben eigentlich gar keines ist, wenn das mit der Liebe also nicht so richtig klappt. Und es klappt hier quasi nie. Auch das scheint zum Lifestyle so dazu zu gehören. Das Jammern über den jeweiligen Partner, den man entweder gerade hat oder gerade eben nicht hat, gibt es dabei geschenkt oben drauf.
Bei aller inhaltlichen Belanglosigkeit, muss man diesem Buch jedoch zugestehen, dass es immerhin ein paar sehr gelungene sprachliche Bilder gibt, die beispielsweise dann entstehen, wenn sich mitten in einem feinen Restaurant eine Dame ihren schmierigen und selbstverliebten Begleiter als äußerlich gelungenes Schneewittchen vorstellt, dem es leider an der inneren Eleganz mangelt. Das ist viel wert.
Aber schon einen Absatz weiter möchte man den Menschen im Buch gern zurufen: Get over it! Und: Get a life, please.
Wie gesagt: Diese Sammlung belangloser Dramen ist gut geschrieben. Man kann dieses Buch flüssig lesen, vor allem, wenn man aus Berlin kommt. Alle anderen unter uns lächeln während der Erzählungen etwas müde.
Nun ja.