Es gibt Orte, an denen war ich tatsächlich noch nie. Waldbronn ist so einer. Und ich kann gar nicht genau sagen, woran dieses Erlebnis bisher gescheitert ist. Dem Hörensagen nach gibt es eine ganz feine Therme dort, ein Sternerestaurant wohl auch und die Leute sind natürlich auch dort ganz überaus charmant und gastfreundlich. Darauf kann man sich doch glatt mal einlassen.
Passenderweise hat die örtliche Buchhandlung zu einer Lesung eingeladen. Als wäre das noch nicht verlockend genug, haben sie Isa aus Hamburg als Lesende anreisen lassen. Sie ist mit ihrem Pfau-Roman gerade gut unterwegs – sei es in den Bestsellerlisten des Landes oder auf diversen Lesungen. Jetzt also in Waldbronn.
Und was soll ich sagen? Außer: Es wurde ein feiner Abend. Das habe ich natürlich auch genau so erwartet. Wer Lesungen moderieren kann, überzeugt sicher auch mit dem eigenen Text. Da darf man die Messlatte ruhig adäquat hoch ansetzen. Und Isa hat sie souverän genommen. Dabei hilft es natürlich sehr, dass sie nicht zu jenen Autoren zählt, die in den Saal schreiten, sich an den Tisch setzen, monologisch das Publikum mit phlegmatischer Monotonie erschlagen, um anschließend wieder aufzustehen und sich mit einem müden Kopfnicken vom Publikum zu verabschieden. Ganz im Gegenteil: Hier bietet die Autorin einleitende Worte, verknüpft sie mit Passagen aus dem Buch, streut Anekdoten ein, ohne sich in diesen über das notwendige Maß hinaus selbst zu ernst zu nehmen. Genau so muss das sein, so sieht Unterhaltung aus. Und sind wir mal ehrlich: Wir sind hier im Unterhaltungsgeschäft und das ist auch gut so.
Und wer glaubt, dass man bei der Lesung eines belletristischen Textes nichts lernt, irrt natürlich gewaltig. Denn Isa hat nicht nur gelesen, sondern sich dabei auch noch recht adäquat musikalisch begleiten lassen. Während die Handlung des Buches auf einem schottischen Landsitz spielt, war die Musik eher irisch. Aber das durchaus aus gutem Grund:
Der irische Dudelsack ist leiser als der schottische.
Dachte ich es mir doch.
— Señor Rolando (@sr_rolando) 27. April 2016
Das passte insofern, dass die Lesung nicht auf freiem Feld, sondern in einem Gemeindesaal stattfand. Wer dabei an pure Tristesse denkt, irrt jedoch schon wieder. Denn so ein Waldbronner Gemeindesaal hat durchaus den Charme, dass sich bei einem Blick nach oben ein Gebälk zeigt, welches zumindest in bescheidenen Ansätzen an den Glanz eines Glockenturmes anknüpft. Das ist nicht nur schön anzusehen, das schafft auch Ambiente.
Wen wundert es da, dass wir uns zum Schluss des Abends alle mit einer Jock Stewart-Adaption singend in den Armen lagen
So be easy and free
When you are drinking with me.
I’m a man you don’t meet every day.
So ähnlich ist es mit Isa ja auch. Man trifft sie auch nicht jeden Tag. Aber falls sie mal auf eine Lesung vorbei kommen sollte, kann man das Angebot ruhig annehmen. Selbst in bisher nicht erkundeten Vororten. Ich empfehle das zumindest sehr.
Eine Antwort auf „Ein Pfau in Waldbronn“
Das hat ja jetzt eine Weile gedauert. Aber ich habe dann doch tatsächlich das Buch zur Lesung im Vorort gelesen. Das war auch gar nicht schlimm. Es gibt gar keinen Grund, warum das so lange gedauert hat. Außer natürlich, dass ich so furchtbar langsam lese. Schlimm ist das.
Gar nicht schlimm ist hingegen das Buch. Ganz im Gegenteil sogar. Man muss es Isa wirklich lassen: Das mit den Wörtern, das hat sie im Griff. Vielleicht ist es der Spaß mit den Übersetzungen, welche sie sonst immer macht. Vielleicht ist es auch einfach nur Talent. Vielleicht ist sie auch ganz unglaublich fleißig. Vielleicht hat auch ein wenig die passende Unterstützung des Verlags mitgeholfen. Wer weiß das schon? Und: Wen interessiert das schon? Wichtig ist, was hinten raus kommt. Oder so. Und das Ergebnis stimmt.
Diese Geschichte einer schrulligen Gruppe von Investmentbankern, welche für ihren Teamevent von London in ein einsames Schottisches Tal ziehen, dort auf ganz wundervolle Gastgeber treffen, und eine Reihe von recht drolligen Zufällen erleben und verursachen, diese Geschichte ist wirklich wundervoll. Das liegt übrigens gar nicht mal am titelgebenden Pfau. Der ist nämlich relativ schnell tot. Das hält ihn aber nicht davon ab, trotzdem laufend im Mittelpunkt zu stehen. Irgendjemand macht laufend irgendwas, das irgendwie mit dem Pfau zu tun hat. Und dabei machen sich alle gegenseitig etwas vor. Der einzige, der wirklich durchsteigt und den Überblick behält, ist man selbst als Leser. Das ist wirklich nett von der Autorin. Da muss man ja auch mal dankbar sein.
Wie überhaupt für dieses Buch. Ich kann es sehr empfehlen. Und obwohl es eher im Winter spielt, ist es auch ein ganz famoses Buch für den Sommerurlaub. Das kann man problemlos auch am Strand lesen. Nur zu.