Aus dem Regal: Die Philosophie des Laufens
Von Señor Rolando
John Dewey. Wie lange ist das eigentlich schon her? Jahre auf jeden Fall. Viele Jahre. Hier werden Erinnerungen wach. Denn es sind Jahre, vor denen es in einem Seminar um die Erneuerung der Philosophie ging. Ein Thema quasi, das Studenten nachts wach hält. Toll war das. Bewusstseinserweiternd.
Und hier gibt’s ihn wieder: John Dewey in einem Buch über das Laufen, beziehungsweise genauer gesagt: in einem Buch über die Philosophie des Laufens. Und damit ist es noch nicht genug, denn das Buch ist eine Anthologie. Man bekommt somit nicht nur den ollen Dewey, sondern noch viel mehr Sichtweisen auf das Verhältnis von Körper und Geist beim Laufen; es wird sehr klar, dass dieses Verhältnis kein statisches ist, sondern dass es sich entwickelt.
Interessant ist dabei, dass einige der im Buch vertretenen Philosophen sehr praktisch veranlagt sind. Waren sie noch keine Läufer, wurden sie eben zu welchen. Und sei es auch nur zeitweise, um sich die Grundlagen für ihren jeweiligen Text zu erarbeiten; manchmal auch, um das notwendige Leiden wirklich selbst zu erleben. Ist es da ein Wunder, dass sogar eine Episode für den Podcast des Hauses beim Lesen quasi ganz nebenbei mit abgefallen ist? Wohl kaum.
All das ist mindestens ebenso spannend, wie die Anregungen, welche tatsächlich aus den Texten entstehen. Die Philosophie ist eben doch die Wissenschaft, welche sehr gut Fragen stellen kann. Wer weiß, wofür sich das noch alles als nützlich erweist. So helfen die Texte wirklich weiter. Einen habe ich z.B. abends im Bett gelesen. Es war am Abend eines schlechten Laufs. Entsprechend K.O. war ich. Mich selbst bemitleidet habe ich. Und passenderweise ging es im Text um die wahren Gründe, warum man so einen Lauf-Unfug auf sich nimmt. Es ging um wahren Hedonismus. Darum, dass dieser nicht nur den auf kurzfristigen Lustgewinn ausgerichteten ist. Und was soll ich sagen? Das hat geholfen. Der Text war gut. Ich konnte quasi dank Chris Kelly und seinem »Schmerz des Läufers« gut schlafen.
Besser geht’s doch wohl nicht, oder?
Zur eigenen Lektüre kann ich die Anthologie auf jeden Fall sehr empfehlen. Es ist ein wirklich feines Buch. Und das keineswegs nur aus nostalgisch verklärten Gründen.