Obstwiese
Von Señor Rolando

Was macht man eigentlich an einem wohltemperierten Herbstanfangstag am sinnvollsten? Nun, man kann sich zum Beispiel mit ein paar Klassenkameraden auf der Streuobstwiese des Vertrauens treffen und ein wenig in den Bäumen herumstochern.

Das ist gar nicht so unsinnig, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Denn nach ein paar beherzten Schüttelaktionen in so einem Obstbaum kann man zwei Sachen ganz schnell lernen: Entweder bekommt man reife Äpfel auf den Kopf oder man hat sich clever in Deckung begeben und kann das Obst direkt vom Boden auflesen. Das klappt übrigens besonders gut, wenn man den Boden vorher ein wenig präpariert hat.

Vorbereitung ist für so einen Herbstausflug überhaupt eine recht essentielle Sache. Denn irgendwo möchten die Äpfel schließlich auch hin. Und nein, man kann sie nicht gleich alle aufessen. Klappt nicht, wir haben es versucht. Besser ist es also, wenn irgendjemand an den einen oder anderen kleinen Beutel gedacht hat.

Mit dieser Sicherheit im Nacken kann die Sammelaktion ruhig starten. Aufheben ist ja nicht so schwer. Das bekommen auch die Kinder recht souverän in den Griff. Anfänglich zumindest. Nach einer Weile kann es gut sein, dass einige von ihnen sich lieber in die Bäume setzen, um dort entweder einfach ein wenig abzuhängen oder eine Testreihe darüber zu starten, ob aufgehobene Äpfel wirklich anders schmecken als frisch aus der Baumkrone gepflückte. Sie tun es wohl.

Jene Äpfel, die wir – wie gesagt – nicht gleich aufessen, kommen in Beutel. Genau genommen sind das sogar Safttüten, wenn auch in einem sehr frühen Stadium. Aber das ist eine andere Geschichte, um die geht es hier nicht.

Das ist alles sehr bodenständig. Hier lernen die Kinder ganz en passant, wie das mit dem Essen funktioniert, welches ja irgendwo her kommen muss. Viel von dem, was wir so essen, wächst schließlich vorher auf die eine oder andere Art. Das kann man dem Nachwuchs natürlich erklären, man kann es ihnen in Bilderbüchern zeigen, vielleicht kommt auch mal etwas zum Thema in der Sendung mit der Maus. Aber live auf der Wiese hat es doch noch einmal einen ganz eigenen und ungezwungenen Charme. Das lohnt sich vor allem, wenn man selbst gar keinen Garten hat.

Irgendwann ist es aber doch gut. Irgendwann sind alle Bäume geschüttelt, alle Planen geleert, alle Leitern erklommen, alle Eimer gefüllt. Irgendwann ist Feierabend.

Jetzt wird gefeiert. Erntedank nennt man das andernorts wohl. Ich kenne mich da nicht aus, fehlender Garten und so. Aber Feuer machen, Erdäpfel reinlegen, Würstchen aufspießen und drüber hängen, nebenbei Kuchen aufschneiden und entweder heißen Tee oder kalten Apfelsaft trinken: Mit dem Konzept kenne selbst ich mich aus. Das passt, das kann man machen.

Gerne wieder. Auch, wenn ich feststelle: So dreckige Hände wie nach diesem Spaß hatte ich schon lange nicht mehr.