Was Läufer so denken
Von Señor Rolando
Laufen ist eine feine Sache. Ich habe das hier gelegentlich schon mal erwähnt. Der Charme liegt unter anderem darin, wie einfach dieser Sport doch strukturiert ist. Man muss nicht viel üben. Man kann’s zumindest in den Grundzügen schon ab frühen Lebensjahren. Ein Fuß muss vor den anderen. Dann der andere vor den einen. Das muss man dann nur noch hinreichend häufig wiederholen. Ein recht überschaubares, einfaches Konzept. Ich mag einfache Konzepte. Sie geben Raum, sich den wesentlichen Dingen zu widmen.
Den berühmten Gedanken über Gott und die Welt zum Beispiel. Im The Atlantik gab es passenderweise kürzlich ein nettes Stück darüber, wie diese Gedanken oft so aussehen. Und es ist ernüchternd: Es geht schlicht um das eigene Tempo, das eigene Leiden und die Umgebung, also vor allem das Fehlverhalten der anderen.
Das ist natürlich hochgradig verwunderlich. Oder besser gesagt: Das ist, was die anderen denken; also vollkommen abwegig.
Die einzig wahre Referenz sind die eigenen Erfahrungen. Und die sehen hier so aus, dass ich mich beim Laufen über die Musik auf den Ohren freue; es ist wirklich eine feine Auswahl, ich kann dem laufvorbereitenden DJ meinen vollen Respekt zollen. Manchmal denke ich jedoch auch, wie doof die Musik mal wieder ist, dass sie nun wirklich gar nicht passt, schlimm ist das, ungeheuerlich; wer stellt sowas eigentlich zusammen? Nur gut, dass manchmal auch Podcasts laufen. Beim Laufen denke ich dann: Was für ein fein elaboriertes Gedankengut, guter Podcast, wie interessant der Lauf dadurch doch wird. Das denke ich. Außer, es ist einer dieser schwafelnden Podcasts. Die gehen ja gar nicht. Es labern schlecht vorbereitete Menschen unkoordiniert herum und kommen nicht voran. Zum Laufen passt das ja per Definition nicht. Geht einfach nicht. Da kann man nichts machen. Außer Abschalten natürlich. Abschalten und Gedanken machen. Über den letzten Text zum Beispiel; jenen, den man kurz vor dem Laufen abgeschickt oder online gestellt hat, den man nur noch schlecht oder zu spät ändern kann. Was für unsinnige Gedanken also. Viel lieber denke ich deswegen über den nächsten Text nach, über Figuren und Absurditäten, welche sie veranstalten. Oder kurz: Es sind Gedanken über Sachen, denen man sich nach dem Laufen dringend widmen könnte, wenn man sie nicht spätestens nach dem Duschen überwiegend wieder vergessen hätte. Dramen, allüberall. Nur auf den letzten Kilometern nicht. Insbesondere bei langen und anderweitig anstrengenden Läufen weilen die Gedanken quasi exklusiv bei der Vorfreude auf das, was schon Toni Mahoni vor geraumer Zeit sehr passend vertont hat: Ein schlichtes Radler.
Hach ja. Laufen ist also, wie gesagt, ein schöner Sport. Und am besten ist’s, wenn man nicht zu viel darüber nachdenkt. Auch nicht während des Laufens; oder besser gesagt: Vor allem nicht während des Laufens.