Wiener Stadtrundgang
Von Señor Rolando
Es gibt Orte, die locken einem mit strahlend blauem Himmel und laden zu einem Stadtrundgang ein. Hier haben wir einen solchen. Fairerweise steht sogar dran, wie er heißt. Das trifft sich gut.

Nach Wien kommen wir gern. Weite Teile der Familie waren nämlich noch nie dort, mich eingeschlossen. Da sollte man die Gelegenheit beim Schopfe greifen. Selbst wenn es sich bei der Gelegenheit nicht explizit darum handelt, auf historischen Pfaden zu wandeln.

Es muss auch gar nicht darum gehen, die eigene Sattelfestigkeit zu verbessern.

Sondern es reicht schon, endlich einmal zu versuchen, einem alten Mythos auf die Schliche zu kommen.

Und so ist der Wiener Stadtmarathon eine ganz hervorragende Gelegenheit, die Stadt zu erkunden. Das Angebot nehmen wir gern an. Man bekommt schließlich etwas zu sehen. Wann hat man schon mal die notwendige Ruhe, das alles zu genießen? Viel zu selten, ganz genau. Das ist doch ein Jammer. Vor allem, wenn man bedenkt, was alles geboten wird.

Alt und neu: Hier trifft es auf einander. Man kann es auch ganz plastisch sehen:

Und wer genauer hinschaut, lernt beim ganzen Gucken sogar noch etwas.

Das ist praktisch. Vor allem in Anbetracht dessen, dass so eine Städtereise nicht ganz preiswert ist. Geschenkt wird einem hier nämlich nichts.

Immerhin die Staatsoper kommt einem entgegen und überträgt das Programm aus dem ausverkauften Saal live nach draußen.
Das ist so toll, dass sich vor dem Kiosk gegenüber die Fans der Oper um die besten Plätze drängen, da die extra bereit gestellten Stühle nicht für jeden reichen. Wie toll ist das denn? Sehr toll, ganz klar. Man könnte glatt vergessen, warum man überhaupt in die Stadt gekommen ist. Das passiert uns natürlich nicht. Also stürzen wir uns in die letzten Laufvorbereitungen. Denn wer möchte am Ende seines Marathons schon hier enden?

Niemand, genau. Darum machen wir das, was gemeinhin empfohlen wird: Carboloading. Das hat etwas mit Nahrungsaufnahme zu tun. Das passt. Wien scheint dafür genau die richtige Gegend zu sein. Man findet zum Beispiel das hier:

Nicht richtig? Nun, Alternativen gibt es auch.

Und zum Nachtisch schlägt die Bombe ein, gern darf’s eine Schokobombe sein. Irgendwie muss man schließlich über die Runden kommen. Irgendwann wird’s schließlich ernst. Dafür möchte man gewappnet sein. Diese ganze Vorbereitung: Sie erfüllt ja keinen Selbstzweck.
Also geht’s auf die Strecke. Und viel mehr als die schon erwähnten Sehenswürdigkeiten muss ich dazu eigentlich auch kaum sagen. Denn ein Geheimnis von Veranstaltungen wie einem Marathon sei verraten, sie folgen nämlich einem recht einfachen Schema: Man beginnt damit, einen Fuß vor den anderen zu setzen und setzt anschließend diesen anderen wieder vor den einen. Das wiederholt man ausreichend oft und ist im Ziel. Das klappt eigentlich recht gut. Auch wenn man unterwegs nicht immer ganz dran glaubt. Aber auch das gehört sich wohl so.
Der zu dieser Aktion passende Kalauer des Tages kommt übrigens aus den Südstaaten:
@sr_rolando hast du auch nicht mit einem Fiaker abgekürzt?
— Koerb (@Koerb_de) 12. April 2015
Und für die Nichteingeweihten verrate ich gern, was so ein Fiaker ist, die Teile parken nämlich in Wien gern vor der Hofburg herum:

Ich hab’s übrigens nicht gemacht. Also ich habe mir keines der Gefährte geschnappt und abgekürzt. Der Grund liegt hauptsächlich darin, dass mir in meiner neu liebgewonnenen Laufbekleidung die angemessene Eleganz möglicherweise abhanden gekommen wäre. Vielleicht sollte ich erst einmal im stillen Kämmerlein üben, wie man gekonnt im Kilt die Beine adäquat übereinander schlägt. Andere Stileinbußen, die man mit halbwegs offenem Auge gegebenfalls vielleicht (also: eventuell) auf dem Bild links erkennen könnte, weise ich selbstverständlich weit von mir und erkläre nur der Form halber, dass die Aufnahme etwa 700 Meter vor dem Zieleinlauf entstanden ist.
Der fand übrigens nach seiner angemessenen und gebührenden Zeit statt. Die Frage bekommt man immer wieder gern gestellt: Wie lange hat’s denn gedauert? Gern gefolgt auch von: Und, hast Du damit Dein Ziel erreicht?
Nun, was soll ich sagen? Ich hatte kein Ziel. Kenner wissen natürlich, dass solche Aussagen nur von jenen kommen, die entweder eh ausreichend langsam sind oder von jenen, die im Vorfeld vornehm tiefstapeln und am Ende bei der Siegerehrung ausgezeichnet werden. Ich sag’s mal so: Zu letzteren gehöre ich nicht und es es wurde in etwa das, was ich auch auf Helgoland gebraucht habe. Die Bedingungen dort waren jedoch bekanntermaßen deutlich herausfordernder als im sonnigen Flachland-Wien. Man könnte jetzt die Gelegenheit nutzen, sich genüßlich darüber auszulassen, ob ich einfach nur alt werde oder schlicht etwas bequem beim Training war. Aber sei es drum, alles kann man eh nicht haben und immerhin hierfür hat’s gereicht:

Das passt schon und ist deutlich eleganter die Geschichte des Herrn Pheidippides aus dem zweieinhalbtausend Jahre alten Mythos. Auch wenn der Sohn jetzt nur etwas mitleidig guckt hat und fragt, wo ich denn meinen Pokal gelassen hätte.
Irgendwas ist wirklich immer.