Ganz unten
Von Señor Rolando

Das ist ein Tunnel. Oder besser gesagt: Das sind ein paar Platten, die demnächst möglicherweise zu einem Tunnel mit verbaut werden. Und ich hoffe sehr, dass das jetzt politisch korrekt genug ausgedrückt ist. Nicht, dass die Platten mir sonst auf’s Dach steigen, weil ich ihre enorme Bedeutung nicht adäquat wiedergegeben habe. Heutzutage weiß man ja nie.
Aber wie dem auch sei. Hier vor Ort in den Südstaaten wird tatsächlich gerade an einem Tunnel gebaut. Eine U-Bahn kommt dort dann rein. Das wird bestimmt toll. Vorerst stehen wir wegen dieser eigentlich unterirdischen Buddeleien übrigens ganztägig oberirdisch im Stau. Denn es sind zwar nur in etwa gefühlte 37% aller Straßen in dieser Stadt baustellenbedingt gesperrt. Aber das sind täglich andere 37%. Es ist wohl kompliziert. Aber immerhin: Wenn sich unter den werten Lesern jemand findet, dem seine Heimatstadt gerade ein wenig zu langweilig erscheint, empfehle ich, spontan den Bau einer U-Bahn anzuregen; da hat wirklich jeder etwas davon; dann ist immer etwas los.
An besonders glücklichen Tagen kann man zum Beispiel einen Blick in die Baustelle hinein werfen. Mit noch mehr Glück kommt man sogar ganz nah ran an den Bohrer, der in Kürze loslegt. Dass das kein handelsüblicher Baumarktbohrer ist, sollte auf der Hand liegen. Dass er einen eigenen Namen bekommt, vielleicht nicht. Dem ist hier jedoch trotzdem so:
„Giulia“ heisst nun also der Tunnelbohrer in #Karlsruhe. Was war an „Fächerwurm“ so schlecht? Und dann ein Tunnel namens „Gerlinde“…
— Thomas Griesbaum (@tenc4te) 26. Oktober 2014
Tja, das mit den Namen ist manchmal halt Glückssache. Regelmäßige Spielplatzbesucher können ein Lied davon singen. Davon unberührt schmieden der Sohn und ich ganz andere Pläne. Wir greifen uns einfach jeweils einen von diesen:

Und gehen nach unten.
Es ist verrückt. Dort gibt es einen Bahnhof. Mit vier Gleisen. Eins davon führt bis vor zu Giulia, unserem Fächerwurm. Die anderen helfen ein wenig aus. In pompösem Ambiente, das kann man ruhig so sagen.
Und pompöse Technik kommt natürlich auch zum Einsatz. Wir haben einen Führer dabei, einen schwärmenden. Dieses Bohren, das wird ganz toll, sagt er. Hier könne man sich sogar durch Granit bohren, das wäre gar kein Problem. Sie müssten nur erstmal welches finden. Findlinge jedoch, Findlinge sind mies. Die müssen sie gar nicht so unbedingt finden. Sie baumeln nämlich in der Erde, das macht wirklich keinen Spaß. Und dieser Beton hier, sagt er, guckt ihn Euch doch mal an, dieser Beton ist hart. Wirklich hart ist der, er hatte ja auch schon zwei Jahre Zeit zum Aushärten. Durch den werden sie sich bohren und das wird man merken. Das wird schütteln. Später, oben, wird er noch verraten, dass das alles so muss, gut so ist. Denn: Beton ist toll. Eigentlich sind doch alle guten Sachen aus Beton. Sein Mikro war da aber schon ausgeschaltet.
Es lief aber noch bei dieser Zahl:

Und so wissen wir: Dieses Gewicht kann rein durch ein Vakuum gehoben werden. von Guericke hätte seinen Spaß gehabt. Hier lässt sich hingegen niemand zum eigentlich obligatorischen Kalauer verleiten, dass auf so einer Baustelle offenbar viel leere Luft produziert wird. Aber sei’s drum. Das ist ja auch ein ernstes Geschäft. Und davon verstehen sie hier in den Südstaaten etwas.
Das ist sicher auch der Grund, warum sie ihre Baustellenhäuschen gleich ganz pragmatisch in die Restmülltonne stellen:

Aber keine Angst: für den Notfall ist vorgesorgt. Oder auch nicht:

Der Sohn hatte bei der ganzen Aktion übrigens seinen Spaß. Nicht ein Wort hat er während der Führung gesagt. Dafür umso mehr mit offenem Mund gestaunt. Und oben im Festzelt konnten wir uns sogar schon einen Tunnelbohrerklärbericht ansehen, den es erst demnächst irgendwann im ordinären Programm der Sendung mit der Maus geben wird.
Wie großartig ist das denn?
Wie gesagt: in langweiligen Städten können gern die anderen leben. Hier ist sogar unter der Erde noch etwas los.