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Familiäre Wertschätzung

Zur Zeit pflege ich eine kleine Serie von sinnfreien Gewohnheiten, welche das Leben etwas einfacher machen. Dazu gehört zum Beispiel eine so genannte Sonntagsrunde, für welche ich mich tatsächlich außer Haus begebe, wahrhaftig keinen Schreibtisch mitnehme und statt dessen albern bunte Kunststoffschuhe um die Zehen wickle. Das ist mutig, ich weiß. Aber man soll ja auch mal an seine Grenzen gehen. Break your limits! Die eigenen Möglichkeiten erweitern. Ich bin voll dabei. Zumindest einmal pro Woche. Sonntags halt.

Die Kinder bekommen davon übrigens oft nur am Rande etwas mit. Denn mal stehe ich albern früh auf und bin wieder zu Hause, bevor der Bäcker öffnet. Und mal gehe ich erst raus, wenn der Tag schon fast gelaufen ist und die Kinder bereits tief und fest schlafen. Man könnte sagen, dass sie so laut schnarchen, dass ich eh nichts anderes gebacken bekommen würde. Aber ganz so schlimm ist’s dann doch nicht. Ich bin da ganz ehrlich. Und drehe im Zweifelsfall die Musik ein wenig lauter.

Nein, mit dem Schnarchen hat es wirklich gar nichts zu tun. Ich mache mich einfach auf den Weg, wenn es gerade gut passt. Und sowohl früh am Morgen als auch spät am Abend stehen wenig andere Familienaktivitäten auf dem Plan. Die Luft ist entweder noch schön frisch oder bereits wieder einigermaßen brauchbar. Und es löst sogar ganz nebenbei das dramatische Dilemma mit der Frage, ob es nun schlauer sei, morgens oder abends zu Duschen. Ich mache das einfach nach der Laufeinheit. Das klappt super.

So schön diese herrlich eingefahrenen Gewohnheiten sind, so notwendig ist es, von Zeit zu Zeit aus ihnen auszubrechen. Heute war ein guter Tag dafür. Heute bin ich weder vor dem Frühstück, noch nach dem Abendessen gelaufen. Sondern einfach mittendrin. Und als ob das nicht schon genug des mutigen Abwechslungsrisikos sei, habe ich gleich noch mit einer weiteren Tradition gebrochen: Statt allein mit Musik auf den Ohren durch den Wald zu trotten, habe ich mich ein paar anderen Gestalten angeschlossen und bin mit ihnen zusammen durch die Vororte gezogen.

Das ging nach dem Frühstück los und war rechtzeitig zum Mittag wieder vorbei. Zur allgemeinen Unterhaltung war der Rest der Familie so frei, zum Ende der Runde an den vereinbarten Treffpunkt zu kommen, damit wir dort gemeinsam etwas Apfelschorle vertilgen können. Das hat zusätzlich den netten Nebeneffekt, dass die Kinder sehen, wie topfit der Papa ist und dass er das Leben voll im Griff hat und quasi übernatürliche Fähigkeiten vorweisen kann. Das bestärkt den Nachwuchs auf ganz natürliche Weise darin, in allen Lebenslagen immer auf die Tipps und Hinweise des Herrn Papa zu hören. Er fabriziert schließlich nicht einfach heiße Luft sondern schöpft aus der Kraft der schnellen Füße. Wem soll man vertrauen, wenn nicht diesem Hochleistungspapa? Eben.

Die Kinder wissen das natürlich zu wertschätzen. Sie schauen zu mir auf. Sie sehen mich mit großen, staunenden Augen an und der Große fragt spontan: Papa, warum warst Du eigentlich so langsam?

Sohn, wir müssen reden.

Eine Antwort auf „Familiäre Wertschätzung“

Herrlicher Held, Du! Unantastbar, mutig den Rhythmus unterbrochen, alles gegeben. Es schauen die Kinder zu Dir auf, ehrfürchtig, staunend… und rammen Dir dennoch das Messer in die Leistengegend. So richtig überzeugend ist diese Sportkiste nicht. Für mich war mein Vater schon ein Held, wenn er eine Getränkekiste schleppen konnte. Mit anderen Worten: Das hast Du sicher nicht nötig. Das nächste Mal wieder im alten Turnus, lieber ein Held im Stillen, als ein Held mit Schmerzen 😉

Schöne Geschichte!

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