Nacktfahrt
Von Señor Rolando
Die Kinder sind unterwegs. Sie haben mich dabei. Wohl, weil es regnet und sie deswegen das Auto genommen haben. In dem schaffen sie es aber noch nicht selbst, sowohl vorn über das Lenkrad zu gucken, als auch die Fußpedale zu erreichen. Dafür haben sie mich dabei. Ich kann beides. Das reicht ihnen aber auch. Denn da sie jetzt einen Fahrer gewonnen haben, können sie sich hinten prächtig selbst und gegenseitig unterhalten.
Genau das machen sie auch. Sie sitzen dort und kommentieren das Geschehen. Die Landschaft, die anderen Autos, Sportler, die durch den Regen laufen: nichts ist vor den Kindern sicher, nichts ist ihnen heilig, alles wird kommentiert, alles wird ausgewertet.
Nach einer Weile erinnern sie sich auch daran, dass ich bei Fahrtantritt beiläufig erwähnt habe, dass wir gegebenenfalls noch kurz bei der Packstation unseres Vertrauens anhalten, um dort eine Lieferung für mich abzuholen. Es ist relativ gleichgültig, was da jeweils drin ist: Die Sache mit dem Abholen von Paketen und dem gemeinsamen Auspacken ist bei den Kindern beliebt. Selbst, wenn sie gar nichts dabei abbekommen, sind sie mit Begeisterung dabei. Man darf froh sein, dass die den Kartons meist beigelegten Rechnungen heile bleiben, dermaßen enthusiastisch engagiert sich der Nachwuchs beim Traktieren der Verpackung mit den Fingern oder ihren jeweils ganz furchtbar gefährlich scharfen Scheren.
Entsprechend gut kam die Idee mit dem Stop an der Packstation an. Wenn sie draußen gerade nichts anderes passendes zum Kommentieren entdecken, schmieden sie Pläne, ob und wie wir am besten zur Paketauslieferungszentrale gelangen. Vor allem die Tochter ist mit vollem Elan dabei. Das kann man gar nicht übersehen, selbst wenn der Regen zwischenzeitlich dermaßen heftig herumprasselt, dass man kaum ein Wort versteht.
Zum Glück meldet sich nach einer Weile der Sohn besorgt zu Wort und sagt: Nein, wir können jetzt gar nicht bei der Packstation anhalten.
Doch!, antwortet seine Schwester. So leicht lässt sie sich nun wirklich nicht von ihren Plänen abbringen.
Nein, antwortet der Sohn. Es regnet so toll, dass der Papa dann ganz nass wird. Richtig nass. Überall ganz viel nass. Und dann muss er gleich seine Sachen ausziehen. Damit er nicht krank wird.
Er kann wirklich sehr rücksichtsvoll sein. Ich bin gerührt. Bis der Sohn noch ergänzt: Und dann fährt der Papa ganz nackig mit dem Auto!
Tja, was soll ich sagen? Das wollen wir nun wirklich niemandem hier antun. Wir fahren direkt nach Hause.
Mein Paket kann ich schließlich auch später noch abholen. Wenn die Kinder schlafen und der Regen aufgehört hat. Schade nur, dass mir dann niemand beim Auspacken hilft.