Was sagt sich wohl jemand, der gerade dabei ist, rund um den Mont Blanc zu laufen und bei Kilometer 122 eine kleine Pause einlegt? Das hier zum Beispiel:
“Nur” noch ein Marathon mit 3.000 Höhenmetern liegt vor mir, denke ich.
Das klingt doch beruhigend. So schreibt es Norman Bücher in seinem Buch Extrem. Und dabei soll’s nicht bleiben. Die Sache mit der Runde um den Mont Blanc erwähnt er zwar (gefühlt) noch weitere Dreihundertmal im Rest des Buches. Aber auch andere Geschichten kommen vor. Und auch diese haben es in sich. Der Autor läuft und läuft und läuft. Ob im Himalaya oder durch die Atacamawüste. Letzteres durchaus ganze 600 Kilometer lang. Und das in 14 Tagen. Das schafft man locker. Es ist ja nur ein Marathon. Pro Tag. In der höchstgelegensten und trockensten Wüste, die wir so haben.
Da gewinnt man Respekt. Worum es dem Autor auch geht. Nicht zwingend um den Respekt vor ihm und seinen tollen Abenteuern. Sondern um den Respekt vor dem inneren Schweinehund und noch viel mehr vor der Möglichkeit, diesen laufend zu überwinden. Ob nun zu Fuß unterwegs oder im Alltag bei den ganz normalen Herausforderungen, die auch dort auf einen warten: Wenn man einen Schweinehund findet, macht man ihn fertig und bekommt als Dank ein klein wenig Glücksgefühle ob seines Erfolgs. Das ist doch was.
Das Charmante am Buch sind tatsächlich die Erzählungen von den Laufereignissen des Autors. Es sind schöne Geschichten dabei. Es sind natürlich extreme Geschichten dabei. Es sind Geschichten dabei, bei denen würde man selbst vielleicht noch nicht einmal darüber nachdenken, sie auch nur in Erwägung zu ziehen. Aber genau das macht sie zum Teil auch so interessant. Wirklich schön. Das hat man nicht jeden Tag. Das rüttelt einen wach. Das macht einem bewusst, dass Grenzen oft viel weiter gesteckt sind als man das oftmals so denkt. Das tut gut. Ich finde, so eine aufscheuchende Wachrüttelei kann man sich ruhig ab und an mal geben. Bevor man vollkommen einrostet.
Etwas anstrengender sind die ständigen Bemühungen des Autors, einem den impliziten Transfer der Laufgeschichten auf den quasinormalen Alltag abzunehmen. In jedem Kapitel sieht er zu, den Nutzen der Erfahrungen aus seinen Aktivitäten auf das gemeine Leben im Privaten und Geschäftlichen aufzuzeigen. Als ob das nötig wäre. Wenn man nicht mal diese Kurve mehr selbst bekommt, hat eh vieles keinen Sinn mehr. Aber irgendwas ist ja immer. Ich möchte mal das mal nicht stärker kritisieren als notwendig. Denn die entsprechenden Abschnitte sind kurz und schnell überflogen.
Es bleibt ein ganz wundervolles Buch eines wirklich motivierenden Autors.
Und während unsereins mit einem Stück Schokolade im Mund genüsslich in diesem Buch liest, hat der Autor irgendwo anders mal wieder ein kleines Abenteuer abgespult. Manchmal ist alles sehr relativ.
Aber wir lassen uns nicht beeindrucken sondern höchstens dezent inspirieren. Heute war gerade der Marathon in London. Den gibt es nächstes Jahr bestimmt wieder. Die Stadt ist ja auch immer mal einen Besuch wert. Das nehmen wir uns mal vor, was? Und das mit den anderen, den sinnvollen Zielen des Alltags, das wird quasi nebenbei auch alles noch. Motivation ist jetzt schließlich da.