Kategorien
feiertage sohn

Gerechte Wünsche

Kinder groß zu ziehen heißt auch, Werte zu vermitteln. Und ob man dabei erfolgreich ist oder nicht, merkt man am besten durch Beobachtung. Fragen Sie bloß nicht den Nachwuchs, was er von seinem eigenen Werteverständnis hält. Mit den Antworten könnten Sie eh nichts anfangen. Glauben Sie mir. Also gucken Sie einfach hin und hören Sie zu. Und Sie werden zum Beispiel so etwas sehen und hören, wie den Sohn hier im Haus.

Der kleine Mann vermittelt nämlich fortwährend sein Verständnis eines adäquaten Gerechtigkeitsempfindens. Wenn am frühen Morgen die Tochter in ihren dicken Wollsocken durch die Bude laufen darf, er sich aber seine Hausschuhe anziehen soll, stellt er fest: Das ist ungerecht! Wenn die kleine Dame beim Frühstück ihr Butterhörnchen selbständig mit Honig verzieren darf, er das Glas aber nur mit entsprechender Verzögerung bekommt, sagt er ebenfalls klar, was er davon hält. Denn das ist natürlich: Total ungerecht! Wenn wir die Weihnachtsteller plündern und dabei vollkommen versehentlich mit einer Hand auf seinem Teller landen, brüllt er laut und umgehend: Halt! Ungerecht! Und wenn er von den Pfannkuchen nur jene mit Marmelade drinnen erwischt, wir aber die mit Pflaumenmus haben, ist das für ihn so Ungerecht! als hätten er jenen mit Senf gegriffen.

Also ist er schlicht auf seinen eigenen Vorteil bedacht? Mitnichten. Denn auch wenn ich mal mit seiner Schwester unterwegs bin und wir dadurch glatt die Zeit für Kaffee und Kuchen verpassen, beschwert er sich. Dann können wir nicht einfach anfangen, irgendwas zu spielen, bevor nicht die beiden Expeditionisten ihren Anteil an Kuchen und Heißgetränken bekommen haben. Alles andere wäre schließlich: Ungerecht!

Es zieht sich hier wirklich durch den gesamten Alltag: Der Sohn kennt keinen Vorteil. Alle bekommen immer gleich viel ab. Jeder nach eigenem Gusto, Fähigkeiten und Bedarf? Das gibt’s bei ihm nicht.

Ganz ehrlich? Ich weiß nicht, von wem er das hat. Hier im Haus tickt sonst niemand so. Aber vielleicht will der Sohn Ihnen da draußen einfach nur ein großartiges neues Jahr wünschen. Ihnen allen, ganz gerecht. Und ich schließe mich dem jetzt einfach mal an. Aufregend machen wir es einfach trotzdem. Alle zusammen. Abgemacht?

Eine Antwort auf „Gerechte Wünsche“

Kommentare sind geschlossen.