Rollenverteilung
Von Señor Rolando
Der moderne Mann von heute hat ein schweres Los. Auf der einen Seite darf er sich frei entfalten und endlich auch mal all jene Dinge machen, welche früher die Damen allein für sich beansprucht haben. Auf der anderen Seite soll er aber bitte weiterhin der starke Typ sein, der die männlichen Tugenden in Reinform und quasi in Gestalt einer elegant verfeinerten Reinkarnation von Conan, dem Barbaren repräsentiert. So sieht es dann aus: Die starken Männer halten den sinnlichen Damen den Rücken frei, dürfen aber zwischendurch immerhin nicht nur den Müll runter bringen, sondern auch mal Windeln wechseln oder Socken paarweise zusammenführen.
Theoretisch haben wir jetzt somit die perfekte Rollenverteilung gefunden, oder? Na, praktisch werfen wir doch mal einen Blick auf die Realität. In der sieht’s nämlich so aus, dass einem schon die Kinder zeigen, was der Stand der Dinge tatsächlich ist. Jeden Tag sagen sie es einem. Vielleicht unbewusst, aber doch deutlich. Zum Beispiel beim Schlafengehen.
Denn wer den Sohn ins Bett bringt und dabei weniger als 20 Küsschen von ihm bekommt, sollte ruhig mal ernsthaft in sich gehen und grübeln, was den ganzen Tag über so falsch gelaufen ist. Wer hingegen die Tochter ins Bett bringt und es schafft, ihr auch nur ein einziges Küsschen zu geben, ohne dass sie laut protestiert und losläuft, um nach Desinfektion für die geküsste Stelle zu suchen, sollte heilig gesprochen werden und sich umgehend um die Schaffung des Weltfriedens kümmern. Alles andere wäre Verschwendung.
Ich sag’s mal so: Die Frage mit dem sinnlicheren Geschlecht, die sollten wir noch mal ganz in Ruhe diskutieren, ja? Als moderner Mann von heute habe ich jedoch das vage Gefühl, dass wir mit der Anerkennung unserer wahren Stärken noch lange nicht am Ziel sind.