Beziehungsstatus: Ich gehe mit meiner Laterne
Von Señor Rolando
OK, eines gebe ich gleich mal zu: Der Titel ist geklaut. Von hier. Klicken Sie ruhig. Es lohnt sich. Dann ist auch alles klar. Sparen Sie sich das Weiterlesen.
Für alle anderen: Wir haben heute den Heiligen Martin gefeiert, oder von mir aus auch Hallamati, wie die Söhne hanseatischer Blognachbarn den Sport nennen.
Heute erst? Viel zu spät! — sagen einige.
Ich weiß. – sage ich.
Das macht aber nichts. Denn ich sag’s mal so: Was an diesem Fest wirklich wichtig ist lernt man mal wieder von den Kindern. Und die sagen: Zum Teufel mit dem religiösen Hintergrund! Und zum Teufel auch mit diesem pedantischen Blick auf den Kalender! Denn am Wochenende hatten wir anderweitig zu tun. Da wurde Geburtstag gefeiert. Also nicht bei uns. Dafür aber bei einem Kumpel des Sohnes. Der wurde fünf. Und man macht sich als Erwachsener wirklich kaum Vorstellungen davon, was der Fünfjährige für ein großartiger Geburtstag ist. Da treffen quasi Weihnachten, Ostern und der Weltfrieden auf einen Tag, so toll ist das. Dementsprechend sind alle betroffenen und eingeladenen Kinder in der Äquivalenzaltersklasse schon Wochen vorher angemessen aufgeregt. Da möge man doch bitte nicht mit irgendwelchen anderen Feierlichkeiten stören. Also wirklich.
Ganz anders sieht die Welt am Tag danach aus. Also am Tag nach dem Wochenende. Also heute. Also Heiliger Martin, quasi. Also daran erinnern, dass in den letzten Wochen viel großartiges Laternebasteln in der Kita angesagt war. Das möchte gern belohnt werden. Heute ist der Tag.
Also zum Feierabend ab in die Kita. Nicht direkt, um die Kinder abzuholen, sondern vielmehr, um die Laternenhalterungsstäbe mit eingebauter Kerzenalternativglühlampe hinzubringen. Gedacht, getan, Laterne befestigt. Und der Sohn zieht ab mit seinem immerhin-schon-fünfjährigen Kumpel. Ein wenig später gehen die Feierlichkeiten los. Die Inszenierung beginnt. Wir singen laut Sankt Martin. Irgendwo wird gleichzeitig ein Mantel zerschnitten und ein Frierender gewärmt. Ich stehe mit der Dame des Hauses dezent in der zweiten Reihe. Die Tochter leistet uns Gesellschaft. Der Sohn? Irgendwo ganz vorn. Tanzt mit seinem Kumpel ums Lagerfeuer.
Etwas später gehen wir noch eine Runde. Mit den Laternen, versteht sich. Und wir, das sind natürlich: die Dame des Hauses und ich, mit der Tochter im Schlepptau. Der Sohn? Mit seinem Kumpel irgendwo ganz vorn. Sie haben alle anderen einfach überholt. So nennen sie das für gewöhnlich, dieses Entfernen vom Rudel. Zu dem sie übrigens auch nicht zurück finden, als wir rund um einen großen, mystischen Baum stehen und weiterem Laternenliedgut huldigen. Erst am Versorgungsstand sehe ich den Sohn mal wieder. Er fragt kurz um Erlaubnis, irgendwelche Backwaren erschleichen zu dürfen. Genau diese gönnen wir auch der Tochter und sie teilt charmant mit ihren Eltern. Der Sohn? Sinniert irgendwo zusammen mit seinem fünfjährigen Kumpel darüber, ob man den Dambedei nun zuerst köpft oder doch lieber gleich in die Beine beißt. Da nach dem ersten Becher Kinderpunsch die Tochter anfängt, wild mit ihrem Lampenstab auf die Laterne einzuschlagen, beschließen wir, den Punk zur Beruhigung nach Hause zu bringen und ins Bett zu legen.
Es war ein schönes Fest, das gebe ich gern zu. Und morgen frage ich den Sohn, was er heute eigentlich so erlebt hat.