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dame des hauses

Lösung erarbeitet

Wir sitzen bei Tisch. Mal wieder. Das kommt hier so regelmäßig vor, dass sich schon eine feste Routine eingeschlichen hat. Das sieht man nicht zuletzt an der Sitzordnung. Denn es ist tatsächlich fast immer das Gleiche: Der Sohn sitzt mit der Dame des Hauses auf der einen Seite des Tisches. Die Tochter macht es sich mit mir auf der anderen bequem. Das hat glasklare Vorteile: So kann sich jedes Kind voll einem Erziehungsberechtigten widmen. Denn bei Tisch geht es ums Essen, beim Essen geht’s ums Überleben. Und beim Überleben muss jeder zusehen, wo er bleibt. Die Kinder haben das früh erkannt.

Die Routine bringt es mit sich, dass auch die Aufmerksamkeiten relativ klar getrennt sind: Die Tochter und ich, wir bilden ein Team. Was die beiden anderen da treiben, ist uns weitgehend gleichgültig. Wir haben genug mit uns selbst zu tun. Hier geht’s schließlich ums Essen und Überleben – wir hatten das ja schon. Also machen wir, was man in einem guten Team machen sollte: Wir teilen alle Aufgaben sinnvoll nach Qualifikation auf. Die Tochter schnappt sich das Brot sowie den Frischkäse und beschmiert das eine mit dem anderen. Ich darf immerhin die Tomaten vierteln. Ich mache es gewissenhaft, die Qualitätsmaßstäbe im Team sind hoch. So geht das eine ganze Weile. Sie macht die Brote, ich die Tomaten. Wir tauschen die Ergebnisse aus, essen glücklich vor uns hin, gelegentlich gibt es sogar etwas zu trinken. Es ist Harmonie pur. Von der anderen Seite des Tisches bekommen wir nicht viel mit, außer, dass sie da drüben weniger essen, dafür offenbar mehr verhandeln. Ständig zeigt einer auf den Kühlschrank und schüttelt die andere mit dem Kopf. Wir nehmen das eher beiläufig zur Kenntnis und essen weiter friedlich vor uns hin. Bis es da drüben auf einmal ganz ruhig wird und ein Satz über den Tisch schwappt:

Siehst Du, mein Sohn. Jetzt haben wir zusammen eine gute Lösung erarbeitet.

Die Tochter und ich: wir sind spontan auch ganz ruhig. Wir gucken uns an. Wir gucken die beiden da drüben auf der anderen Seite des Tisches an. Wir schütteln kurz mit den Köpfen, schieben uns dann jedoch weiter gegenseitig die Happen zu. Wir sind hier schließlich bei Tisch. Da kann man sich nicht einfach durch die Sprüche der anderen aus dem Konzept bringen lassen. Überleben und so. Im gemeinsamen Spiel mit dem Essen wird uns klar: wichtig ist, dass der Prozess der Nahrungsaufnahme stimmt. Die Workflows sind definiert und müssen schlicht eingehalten werden. Dann ist auch das Outcome Sättigungsgefühl gesichert. Routine ist alles.

Ohne die Tochter wäre ich jetzt sicherlich durch das Verhalten und die Sprüche der beiden anderen Kollegen am Tisch für einige Zeit irritiert gewesen. So aber erkenne ich nur eins: Kinder zu haben ist eine klare Win-Win-Situation.