Die Erziehung der Kinder ist wohl eine der Aufgaben, die niemals enden wird. Ein Prozess der kontinuierlichen Verbesserung sozusagen. Dabei ist es natürlich keineswegs so, dass man viel vorgeben könnte. Wer zum Beispiel glaubt, dass man einfach mal sagt: Kind, mach‘ bitte dieses und nicht jenes! und dann erwartet, dass das Kind fortan immer dieses und ganz sicher niemals jenes machen würde, irrt natürlich. Gewaltig. Es ist eher so, dass man mal einen Hinweis hier gibt, einen Impuls dort setzt und das perfekte Verhalten einfach vorlebt. Der Nachwuchs beobachtet schließlich alles ganz genau. Da wird er sich schon die richtigen Sachen heraus suchen und durch pures Nachahmen zu einem charmanten Bündel von mustergültigen Schwiegerkindern werden. Oder so.
Hierbei handelt es sich übrigens nicht um einen rein theoretischen Ansatz. Nein, nein. Das Ganze hat sich bereits in der Praxis bewährt und zeigt erste Früchte.
Nehmen wir zum Beispiel den Sinn für das Schöne im Leben. Den gibt’s nicht einfach so, der fällt nicht plötzlich vom Himmel. Er will wohl trainiert und Stück für Stück aufgebaut werden. Da helfen — wie gesagt — vor allem viele dezente Hinweise und ein konsequentes Vorleben. Die Belohnung gibt es quasi ganztägig. Sie fängt morgens im Bad an, wenn der Sohn mit Hilfe diverser Handtücher eine wohlgeordnete Gartenlandschaft mit Wiesen, Beeten und Wegen aufbaut. Es geht natürlich beim Anziehen weiter, wenn nicht jeder beliebige Pullover zur eh falsch vom Papa herausgesuchten Hose passt. Es folgt das Frühstück, bei dem er den Tisch so deckt, dass er alle Behältnisse mit Marmeladen, Honig und Nussnougatcremes in einem akkuraten Halbkreis direkt hinter seinem Teller arrangiert. Es zeigt sich im Kindergarten, wenn er seine Schuhe nicht einfach nur plump nebeneinander abstellt, sondern sie adäquat zu einer kleinen Pyramide aufbaut, die zwar fragil, aber gut anzusehen ist. Und es zeigt sich sogar am Abend, wenn er beim Aufräumen seines Zimmers den ganzen Fuhrpark nicht einfach nur mit Schmackes in die Schublade wirft, sondern dort jedes Auto orgentlich und vorsichtigst so einparkt, dass ein möglichst harmonisches Gesamtbild entsteht.
Nur heute morgen, nach dem Bad, nach dem Anziehen und nach dem Frühstück, da kam er bei der Fahrt in die Kita auf ganz eigene Ideen:
Sohn: Papa, kannst Du da vorn bitte rechts abbiegen?
Ich: Hhm, warum das denn?
Sohn: Das Auto vor uns ist so häßlich. Ich will es nicht mehr sehen!
Und ich muss jetzt nicht extra erwähnen, dass ich zur Ästhetik des uns umgebenden Verkehrs natürlich nie irgendwelche Aussagen gemacht oder Vorgaben erteilt habe. Ja? Gut.
Er ist halt doch ein Autodidakt.
3 Antworten auf „Verkehrsästhetik“
amüsant.
so, wie meiner letztens, als ich mich aufregte, dass der fahrer vor mir so lahm sei…und sohn darauf meinte: „sei froh, dass der überhaupt fährt“.
😀
Man fragt sich natürlich, woher sie das haben. Nie im Leben von den Eltern, das steht ja außer Zweifel.
[…] hat neulich die Lektion zur Verkehrsästhetik die Augen für die — ähh — schönen Dinge geöffnet. Ästhetik ist aber nicht alles. […]