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Jubel, Trudel, Eierzeit

Die kürzlich verstrichenen Feiertage des langohrigen Eierausträgers boten eine fantastische Gelegenheit, dem Nachwuchs traditionelle Bräuche etwas näher zu bringen. Denn wann sonst treffen sich gleichzeitig die notwendige Ruhe, ein Besuch in der alten Heimat und das nostalgisch hoffnungslos verklärte Aufkeimen der animalischen Begeisterung für einen Brauch aus scheinbar längst vergangenen Zeiten: das Eiertrudeln.

Nur sehr selten. Und entsprechend groß war die Skepsis des kleinen Mannes als seine Erziehungsberechtigten anfingen, sich für das Geschehen im nahe gelegenen Wald zu rüsten. Es muss auf ihn gewirkt haben wie die Vorbereitung zum Feldzug: eine unbekannte Rüstung einschließlich trittsicherem Schuhwerk sowie geborgter Jacke in unbekannter Größe, die Kamera als Geschütz und frisch gefärbte Eier als Munition – alles vertreten.

Die Skepsis schlug um in pure Bewunderung. Zum einen die Bewunderung der eigentlichen Tatsache, dass jemand wirklich angemalte Eier in den Wald trägt, um sie dort einen Abhang herab rollen zu lassen und sich zu freuen, wenn das eine Ei weiter kommt als das andere Ei. Aber auch Bewunderung ob der Begeisterungsfähigkeit vor allem der gestandeneren Generation für derlei Taten. Das, was offenbar zur Bespaßung verschiedener Nachwüchse gedacht war, unterhielt in erster Linie die Bespaßer selbst. Vielleicht lag das aber auch nur daran, dass sie in ihren fest eingefahrenen Gedankenbahnen die Eier tatsächlich nur den Abhang herab rollen ließen.

Kreativität ins Spiel brachte einer der Nachwüchse, welcher stolz auf seinen zwei Beinen stehend die Eier nahm, um sie dann allerdings keineswegs sanft auf dem Boden zu drapieren und behutsam anzuschubsen, damit sie sich ihren Weg suchen konnten. „Nein“, dachte er sich, „den Weg bestimmt nur einer und das bin ich.“ Gedacht, getan. Ei genommen. Ei geworfen. In hohem Bogen den Hügel hinab. Dass nicht jedes Ei solch progressivem Mut gewachsen war, nimmt man gern in Kauf. Vor allem, wenn die paar, die es überlebten, im Zieleinlauf alle anderen hinter sich ließen. Und was zu Bruch ging, konnte man auch gleich verspeisen. Die Verluste waren somit rar.

Der kleine Mann des Hauses hat sich das alles – getragen vom Herrn Papa – aus gehobener Perspektive angesehen. Mit anfänglich verwunderten, später begeisterten Blicken. Manchmal auch mit kritischen. Auf jeden Fall hat er die Lage genau analysiert und sich schon mal seine eigenen Gedanken zum Spiel gemacht.

Da schauen wir doch mal, was aus dieser altegediegenen Tradition in Zukunft noch wird.